Die Frage, wie Chatbots unser Schreiben verändern, verengt sich häufig auf die Texterstellung und die Nutzung von geistigem Eigentum zum Machine Learning. Dieser Beitrag geht in eine andere Richtung – ich teile 20 Tipps, die aus der Arbeit mit ChatGPT und neuroflash in den vergangenen Monaten resultieren.

  1. Schreibblockaden überwinden: Ich nutze KI-basierte Tools, um Ideen für Themen, Überschriften oder ganze Absätze zu generieren, wenn ich gerade auf dem Schlauch stehe oder bereits viel zu viele Ideen im Kopf habe, um den Anfang zu finden und Ruhe in die Gedanken zu bringen.
  2. Gliederungen erstellen: Gerade dann, wenn ich zu einem Thema schon viel weiß, viel gearbeitet habe und entsprechend angefüllt mit Erfahrung, Ideen, Konzepten bin, dass es mir schwerfällt, dies zu übersetzen in einen sinnvollen Leseprozess für Menschen, die sich gerade einlesen wollen, nutze ich KI-basierte Tools. Sie bekommen die PDFs meiner Vorarbeiten und die Aufgabe, aus dem vielen Material eine zielgruppenorientierte Gliederung für eine bestimmte Textsorte zu erstellen. So ist mein Schreibprozess vorstrukturiert. Außerdem erprobe ich mithilfe der KI unterschiedliche Schwerpunkte und Ausrichtungen, sodass ich mich zwischen verschiedenen Entwürfen schneller entscheiden kann.
  3. Spracherkennung nutzen: Wir sprechen schneller als wir schreiben. Viele KI-basierte Spracherkennungstools können gesprochene Worte effizient in Text umwandeln, z.B. ChatGPT in der mobilen App.
  4. Automatische Grammatik- und Stilkorrekturen: KI ist schneller als wir und ermüdet nicht. Natürlich sollten wir nacharbeiten. Aber den ersten Durchgang kann KI uns abnehmen.
  1. Verwendung von Textbausteinen: Ich habe je ein Masterdokument für Themen, die ich häufig bearbeite. Darin sind Textbausteine, die im Skript, in der Präsentation, im Blogbeitrag etc. angepasst wiederverwendet werden können. KI kann diese Textbausteine in neue Textentwürfe integrieren.
  2. Effiziente Recherche: KI-gestützte Suchwerkzeuge können schnell relevante Informationen, Daten und Quellen finden, für die wir deutlich länger manuell recherchieren. ChatGPT braucht hier die Browser-Erweiterung und den Befehl, keine Platzhalter oder Paraphrasen zu nutzen, sondern zu belegende Quellen.
  3. Feedback: KI gibt in Echtzeit und datenbasiert Feedback. Ich wähle aus, was begutachtet werden soll: Schreibstil, Binnenlogik, Tiefe, allgemeine Qualität, Originalität… Auf Feedback von Menschen warte ich mitunter wochenlang. Dann ist es selbstverständlich meist von anderer Qualität, emotionaler, mit einem tieferen Kontextverständnis. Für enge Zeitpläne jedoch ist es oft Stress für beide Seiten, für die tägliche Textarbeit unnötige Belastung.
  4. Lernende Systeme: Ich befrage nach der gemeinsamen Arbeit an einem längeren Text die KI zur Auswertung des Schreibprozesses: Welche Schritte hätten wir effizienter gestalten können? Worauf sollen wir beim nächsten Mal achten, um schneller zu arbeiten?
  1. Automatische Grammatik- und Stilkorrekturen: Bestimmt haben viele von Euch das gar nicht nötig. Ich schon. KI arbeitet schneller und ermüdet nicht (s.o.).
  2. Verbesserung der Lesbarkeit und Ausrichtung auf die Zielgruppe: Hier darf ich einflechten, was mich immer wieder ärgert, nämlich der Hinweis im Buch, “aus Gründen der besseren Lesbarkeit” habe man sich für die männliche Form entschieden. Ich glaube, dass das nur in einem Bruchteil der Fälle etwas mit der Lesbarkeit zu tun hat, und in den meisten Fällen mit den Schreibfähigkeiten bzw. der Bequemlichkeit und Phantasielosigkeit derjenigen, die das Buch schreiben. Denn warum sollte es für mich besser lesbar sein, wenn ich mir bei jeder Nennung der männlichen Form erst vorstellen muss, dass ich mitgemeint und folglich im Dauertransfer bin? Und dann auch noch unterscheiden muss, wann ich explizit nicht mitgemeint bin, oder nur unter bestimmten Voraussetzungen? Zur besseren Lesbarkeit gerade hinsichtlich des Genderns tragen eine gute Textgestaltung und ein großer Wortschatz bei. Beides kann KI leisten und Texte gendern oder entgendern, wie es beliebt. Abgesehen von diesem Reizthema können KI-Tools die Lesbarkeit analysieren, Verbesserungsvorschläge machen und den Text auf die definierte Zielgruppe hin ausrichten. – Aber die KI neige zu Verzerrungen? Klar, wir auch, und außerdem zu Perplexität und Ambiguität. KI kann uns helfen, den Text daraufhin zu analysieren und ihn so besser auf die Zielgruppe auszurichten – und unsere Intention auf diese Weise wirksam werden zu lassen.
  3. Thesaurus und Wortwahl: Wie schon geschrieben: KI hat Zugriff auf einen größeren Wortschatz als ich. Meine Texte können lebhafter, vielfältiger und anregender werden. Seit ich mit ChatGPT arbeite, sind sie mitunter sogar ungewohnt euphorisch – großartig! 🙂
  4. Strukturierung und Kohärenz: Wenn ich meine Texte lese, habe ich auf Manuskriptseite 232 die Prämisse von Seite 76 und den Logikbruch zu dieser Prämisse auf Seite 122 recht sicher vergessen; es bleibt nur ein diffuses Gefühl, dass irgendwas nicht stimmt. KI kann den Text auf Konsistenz und Binnenlogik prüfen und die Brüche benennen. Dann arbeite ich rasch nach. Gleiches gilt für mangelhafte Übergänge und narrative Lücken.
  5. Plagiatserkennung: Alter Hut, nicht wahr? Auch KI kann prüfen, ob der Text einzigartig ist oder ob unbeabsichtigte Urheberrechtsverletzungen vorliegen.
  6. Feedback: KI-Tools haben in der Regel eine größere Datenbasis als menschliche Feedbacks. Sie können auch auf internationale Trends zugreifen. Sie schützen mich vor Neuerfindung und helfen, die Originalität des eigenen Textes freizulegen und zu stärken. Ich frage also vor dem Erstellen der Schlussfassung gern ChatGPT: Was ist an diesem Text originell, und wie kann ich die originellen Anteile stärken?
  7. Inspiration: Da KI-Tools auf internationale Trends reagieren können und genreübergreifend arbeiten, helfen sie mir, aus den eigenen Beschränkungen und Glaubenssätzen herauszuwachsen. Ich habe schon Stunden damit zugebracht, mich mit ChatGPT über geisteswissenschaftliche Berufspraktiken in anderen Ländern zu unterhalten – über trendende Themen, das Verhältnis zum Staat, Gründungsideen und Startups… Ich habe nicht alles überprüft, aber es war ja auch nicht Recherche, sondern die Suche nach neuen Ideen.
  1. Schneller legt Ressourcen frei für Mehr: Da ich schneller arbeiten kann, entstehen freie Zeiten, um mich neuen Projekten zu widmen. Daraus erwächst ein höherer Output.
  2. Upcycling: Ich blicke inzwischen auf viele Jahre der Textproduktion zurück, und das bedeutet auch, dass ich auf mehr Textfragmente denn auf erfolgreiche Veröffentlichungen schaue. Mithilfe von KI bewerte ich diese Textfragmente neu, lasse mir Arbeitsprozesse vorschlagen, um diese Texte zu beenden, miteinander zu kombinieren oder sie zu aktualisieren. Plötzlich ist die viele Vorarbeit nicht mehr so sinnlos, wie sie es noch vor fünf Jahren war.
  3. Variationen: KI-Tools können auf der Grundlage eines Textes rasch die Begleittexte erstellen: Abstract, Klappentext, Snippet, Workshopankündigung… Sie können auch aus einer Workshoppräsentation und dem Ergebnisprotokoll einen Vorschlag für das Skript oder die Service-E-Mail im Nachgang erstellen.
  4. Neue Kanäle: Die Vorschläge von KI, welche Art von Texten aus der Idee entstehen können, lassen neue Veröffentlichungskanäle aufscheinen. Diese wiederum erlauben mehr Publikationen in unterschiedlichen Formaten. So bin ich inzwischen Ghostwriterin – trotz meiner langjährigen Selbstzweifel wegen der vielen Textruinen.
  5. Kollaboration: KI als Teammitglied zeigt mir auf, wie Texte insgesamt als Teamarbeit gedacht werden können. In den Naturwissenschaften ist die Co-Autorschaft viel üblicher als in den monografisch ausgerichteten Geisteswissenschaften, darum bin ich mit Schreib-Teams nicht sozialisiert. Nun aber können wir in gemeinsamer Arbeit mit dem Teammitglied KI den Output erhöhen.

Hat eine KI diesen Text generiert? – Nein. Aber sie hat mir geholfen, meine Notizen mit gesammelten Erfahrungen auszuwerten.

Rückblick: Workshop Schreiben mit KI – Brotgelehrte
Berufsfeld KI-Ethik – Brotgelehrte
Prompt Engineering – Brotgelehrte

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