Am Montag berichteten wir schon von unserer Auswertung der Ausschreibungen in der freien Wirtschaft für Kultur- und Geisteswissenschaftler*innen mit BA-Abschluss: Einstieg nach dem B.A. – Brotgelehrte. Nun teilen wir unsere Ergebnisse zum Einstieg in den öffentlichen Dienst. Wir erleben in Coachings und Workshops zum einen, dass der öffentliche Dienst insbesondere für weibliche Studierende ein attraktives Umfeld ist. Oft ist die Kombination aus (vermeintlicher) Stabilität des Beschäftigungsverhältnisses bei gleichzeitiger Flexibilität der Arbeitszeitgestaltung (z.B. Wechseln in die Teilzeit) wichtiger als ein hohes inhaltliches Matching mit den Studieninteressen. Zum anderen waren wir im Brotgelehrte-Team oft ratlos; selbst entfernt fachlich affine Stellen für BA im öffentlichen Dienst schienen uns zu berechenbar wie Einhörner.

Zugleich aber war ich, Mareike, etwas festgebissen in die Prinzipien aus der Zeit der Bologna-Reform: Wenn also öffentliche Einrichtungen wie Universitäten Bachelor-Studiengänge schaffen, dann müssen andere öffentliche Einrichtungen auch darauf mit entsprechenden Beschäftigungsoptionen reagieren. Also MUSSTE doch irgendwo irgendwas zu finden sein.

Wir nahmen uns also einen Vormittag zur gezielten Recherche, und siehe da: Es gibt Beschäftigungsmöglichkeiten im gehobenen Dienst. Wir hoben in drei Stunden ca. 90 Ausschreibungen aus. Tatsächlich aber fanden wir sie nicht flächendeckend; wir können also nicht pauschale Suchempfehlungen geben. Zugleich sahen wir nur in Ausnahmefällen fachliche Spezifikationen; auch hier überwog – wie schon für die freie Wirtschaft – der Fachgruppenbezug (z.B. „Studium einer Geisteswissenschaft“). Diese Ausnahmen adressierten zudem nicht die großen Fächer Germanistik, Philosophie und Germanistik, sondern eher die angewandten Bereiche Bibliotheks- und Informationswissenschaften. Hier könnte es ein Gedanke wert sein, je nach Lehrangebot einen Studienschwerpunkt in diese Richtung zu legen. Auch Nebentätigkeiten an Uni- oder Institutsbibliotheken waren unter den Wünschen aufgelistet, sodass je nach Bewerbungslage auch die Kombination aus klassischer Geisteswissenschaft und studentischer Tätigkeit in der Bibliothek hinreichend sein könnte.

Wo und was wird ausgeschrieben?

Dies führt uns direkt zu den Einrichtungen, die nach Bachelor-Absolvent*innen suchen.

  • An erster Stelle standen tatsächlich die Hochschulen (ganz explizit auch die FHs, nicht nur die Unis) selbst; sie schreiben Stellen für BA im nicht-wissenschaftlichen Dienst aus – in den schon genannten Bibliotheken oder in den Hochschulverwaltungen, z.B. im Forschungsreferat oder als Teamassistenz von Forschungsgruppen. Hier lohnt es sich für arbeitssuchende Geisteswissenschaftler*innen, sich eine ganzheitlichen Übersicht von der Hochschullandschaft der Zielregion zu verschaffen. Es gibt nämlich einfach deutlich mehr FHs als Unis – und auch die haben Bibliotheken, Projekte, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit und zentrale Verwaltungen.
  • Es folgten die Kultureinrichtungen. Museen und Gedenkstätten haben ja auch Bibliotheken und Informationszentren, und auch hier wurde nach BA mit einschlägigem Abschluss gesucht. Gleichfalls waren Stellen in der Verwaltung ausgeschrieben, etwa zu Sachbearbeitung im Kontext von Sammlungen. Auch Museumspädagogik und Kulturvermittlung waren Tätigkeiten, für die ein*e BA-Absolvent*in gesucht wurde.
  • Dann kamen Kommunen, Landkreise etc., die drei Tätigkeitsbereiche adressierte: Projektmanagement (apropos: Wir haben eine Weiterbildung dazu), Verwaltungsassistenz (z.B. in Schulen) und pädagogische Mitarbeit (ggf. auch interessant für B.Edu.).
  • Eine letzte Gruppe bilden die Eigenbetriebe und die mittelbare Staatsverwaltung (z.B. Stiftungen des öffentlichen Rechts). Auch hier waren es Stellen im Projektmanagement, aber auch inhaltlich profilierte Tätigkeiten, etwa in der politischen Bildung. Gleichfalls gab es Stellen, bei denen die Abgrenzung zum MA bzw. zu Ausbildungsberufen verwischte und wir wieder bei einem Schwerpunkt landen, den wir schon in der Privatwirtschaft sahen: Content Creation und Social Media Management. Wir hatten bisweilen den Eindruck, die Ausschreibenden hatten gar kein fachliches Profil dieser Stellen vor dem inneren Auge, sondern ordneten diese Tätigkeit aufgrund des angenommenen Freizeitverhaltens den „jugendlichen“ und zugleich hochschulqualifizierten Arbeitsuchenden zu (und jemand hätte mal gesagt, Social Media brauche man jetzt). Aber vielleicht lesen wir auch verzerrt.

Darüber hinaus gibt es Arbeitgeberinnen, deren formaler Rahmen sich am öffentlichen Dienst und an den Tarifverträgen orientiert – etwa die Kirchen, vor allem aber auch Schulen in privater Trägerschaft. Und hier fanden wir mit über 30% aller Suchergebnisse das größte Trefferfeld, das auch nicht nur diffus nach „Geisteswissenschaften oder vergleichbar“ suchte, sondern ganz gezielt Fächer adressierte: Schulfächer nämlich.

Zwischenfazit

Wie oben schon erwähnt können wir weder regionale Schwerpunkte identifizieren, noch grundsätzlich von diesen Möglichkeiten an allen Standorten, an denen man mit geisteswissenschaftlichen BA die Uni verlassen kann, sprechen. Wir sahen Ausschreibungen im ländlichen Raum (z.B. Landkreis Kassel, Landau) und in den Metropolregionen (Berlin, Frankfurt), aber wir sahen eben auch viele ländliche Räume und Metropolregionen nicht.

Soweit unser erster Eindruck. Nun wollen wir vertiefen und in regelmäßigen Abständen diese Querschnitte machen. Wir freuen uns auch, wenn Ihr Eure Erfahrungen teilt – sowohl als (ehemalige) Arbeitssuchende mit BA als auch als Arbeitgeber*in.

Menü