Bei der Arbeit an den Brotgelehrte-Bänden und auch bei der wöchentlichen Stellenauslese fällt immer wieder auf, dass es schwierig ist, für die Absolvent*innengruppe mit Bachelor-Abschluss passende Positionen und Profile zu finden. Darum werten wir aktuell aus, was wir über die Arbeitsmärkte für diese Gruppe sagen können.
Insbesondere die traditionellen Berufsfelder der Geisteswissenschaften waren auf diese Gruppe nicht eingestellt, weil Magister und Staatsexamen die Regelabschlüsse waren bzw. es sogar noch grundständige Promotionsstudiengänge gab – der Bachelor entsprach nach diesem Herkommen ungefähr der Zwischenprüfung, sicherlich aber nicht einer „vollwertigen“ geisteswissenschaftlichen Berufstätigkeit. Erst nach und nach schuf der öffentliche Dienst entsprechende tarifliche und beamtenrechtliche Regelungen. Etwas rascher reagierten Teile der freien Wirtschaft; doch auch dazu liegen inzwischen Studien, z.B. vom IAB (1, 2), vom DIW , von Heike Spangenberg und von Felden/Lerch 2018 vor, die u.a. zeigen, dass es stark auf die (positive) Erfahrung von Arbeitgebenden ankommt, wenn sie Bachelor-Absolvent*innen rekrutieren.
Wir haben in einem ersten Schritt die Ausschreibungen ausgewertet, die wir wöchentlich posten. Dabei beobachteten wir über 20 Wochen und ca. 300 BA-affine Ausschreibungen hinweg:
- Mehr als 50% der BA-orientierten Stellen lagen im Arbeitsfeld Kommunikation und Marketing und enthielten Tätigkeiten wie Content Creation, Pressearbeit und Campaining.
- 20% entfielen auf textorientierte Stellen – Redaktion, Korrektorat und Texten (was natürlich eine Überscheidung zu Content Creation aufweist).
- 17% waren Stellen im Bildungs– und Personalentwicklungsbereich.
- 7% waren Koordinations– und Managementpositionen.
Der Rest entfiel auf Einzelnennungen. Die Auswertung zum öffentlichen Dienst folgt in den kommenden Tagen.
Wir sehen insbesondere, dass kaum gängige Einstiegsstellen wie für Master und Promovierte ausgeschrieben sind; Traineestellen und Volontariate adressieren explizit die höheren Abschlüsse. Daraus ergibt sich die vielleicht als paradox empfundene Situation, dass Bachelor-Absolvent*innen eher direkt auf eine Stelle einsteigen, wohingegen Master und Promovierte eine weitere berufsfeldorientierte Einstiegsphase anhängen (können).
Natürlich stellte sich auch die Frage, wie fachaffin die Ausschreibungen sind. Wir sehen eher die Tendenz, dass fachgruppenspezifisch (Geistes-, Kultur- und Sozialwissenschaften) ausgeschrieben wird, nicht fachspezifisch (Germanistik, Soziologie usw.). Weiterhin ist neben dem Abschluss auch eine berufsfeldnahe Arbeitserfahrung relevant, also Praktika, Nebentätigkeiten oder Selbstständigkeiten bzw. eigene praktische Projekte (z.B. für Content Creation eigene professionell geführte Kanäle).
Für Studierende, die einen Berufseinstieg unmittelbar nach dem Bachelor-Abschluss planen, scheint es darum sinnvoller,
- neben dem Studium praktische und auf das berufliche Ziel hin orientierte Erfahrungen und Kontakte zu sammeln, als das Studium rasch „hinter sich zu bringen“ und die Berufsorientierung nachzuordnen.
- Weiterhin – dies sei vorweggenommen – ist für diese Gruppe der Arbeitsmarkt in der „freien Wirtschaft“ jedenfalls nach Ausschreibungen relevanter und vielfältiger, als es die klassischen, dem öffentlichen Dienst zugeordneten Tätigkeiten von Master und promovierten Geisteswissenschaftler*innen sind. Dies wiederum bedeutet in der Regel, dass Dozierende für sie auch weniger vermitteln können, weil ihre eigene Laufbahn mitsamt der anhängenden Netzwerke nur selten diese Wege kennt. Personen, die nach dem Bachelor-Abschluss in den Beruf einsteigen möchten, brauchen darum in vielen Fällen andere, wirtschaftsnähere Kontakte und Netzwerke, als ihre Studienbeziehungen ihnen eröffnen können. Entsprechende Unterstützungsnetzwerke sind gerade für die Geisteswissenschaften sehr selten; dies mag auch einer der Gründe sein, warum die Entscheidung für ein weiteres Studium fällt, obwohl kaum noch fachliche Motivation vorliegt. Hier könnten – als Alternative zur Suche nach B.A.-Stellen in den Arbeitsmärkten für M.A.-Absolvent*innen – bei entsprechenden Kapazitäten Fachstudienberatungen und Career Services mit dem Aufbau spezifischer Unterstützungsnetzwerke beginnen.