Am 1. Juli habt Ihr bereits das Tool Value Proposition Canvas im Beitrag Wertschöpfung der Geisteswissenschaften – Teil 1 kennengelernt. Im Artikel Wertschöpfung der Geisteswissenschaften, Teil 2: Aufgaben erledigen – Brotgelehrte haben wir uns mit der ersten Wertangebotskarte, dem pragmatischen Erledigen von Jobs und Aufgaben befasst. Der heutige Beitrag widmet sich dem zweiten Segment: Lösungen, die wir als Geisteswissenschaftler:innen für die Probleme unsere Zielgruppen finden können.

Customer ProfileWertangebotskarte
Probleme
Was betrachtet die Kundschaft als Problem oder Hindernis? Was frustriert sie? Was kostet sie Geld, Zeit und Nerven?
Lösungen
Wie kann mein Angebot dabei helfen, die Probleme zu lindern, die Hindernisse zu beseitigen, Frust aufzulösen, Geld, Zeit und Nerven zu sparen?

Probleme, die Unternehmen, Organisationen und Gesellschaften beschäftigen, reichen von strukturellen Herausforderungen bis zu individuellen Bedürfnissen. Da wir gelernt haben, Fragen zu stellen, Kontexte zu analysieren und ein tiefes Verständnis für kulturelle und soziale Dynamiken haben, sind wir gut geeignet, Probleme auf diesen Ebenen zu erkennen. Gerade dann, wenn Probleme nicht auf den ersten Blick offensichtlich sind, etwa, weil nur mit Zahlen oder SMARTEN Kriterien gearbeitet wird, können wir uns auf die Suche nach Zusammenhängen und tieferen Ursachen begeben.

Ein klassisches „Problem“, auf das wir insbesondere als historisch arbeitende Geisteswissenschaftler:innen reagieren können, ist die Notwendigkeit zur Aufarbeitung schwieriger oder traumatischer Vergangenheiten. Ein Beispiel ist die Verwicklung von Unternehmen in Diktaturen oder das Profitieren von Menschenrechtsverletzungen (siehe dazu z.B. das Profil „Aufarbeitung von Diktaturen“ im Band Brotgelehrte 1, S. 167-173).

Die eher sprachlich-kommunikativ ausgerichteten Geisteswissenschaftler:innen finden vielfältige Problemumfelder rund um Fragen von interner und externer Kommunikation. Dies kann von „Störungen“ in der Verständigung von Führung und Belegschaft über fehlende strategische Kommunikationsplanung bis hin zu Verständigungsproblemen aufgrund sprachlicher Vielfalt reichen, etwa, weil Unternehmen und Organisationen international mehrere Standorte betreiben oder weil innerhalb der Teams kulturell diverse Personen aufeinandertreffen.

Ein drittes Beispiel bezieht sich auf den sogenannten „Fachkräftemangel“. Insbesondere sozialwissenschaftlich ausgerichtete Geisteswissenschaftler:innen können analysieren, welche Faktoren Bewerber:innen davon abhalten, sich für das Unternehmen, die Institution oder die Tätigkeit zu interessieren.

Für diese – und natürlich andere – Probleme können wir als Geisteswissenschaftler:innen aus unserem Wissens- und Methodenfundus Lösungen anbieten.

Im Fall der Verstrickung in Diktaturen oder des Profitierens von Menschenrechtsverletzungen können wir die historischen Ereignisse rekonstruieren, dabei denen eine Stimme geben, die bislang nicht gehört wurden, den Dialog fördern, Programme zur Unterstützung von Befriedungs- und Versöhnungsprozessen unterstützen oder auch mit Jurist:innen zusammenarbeiten, um Straftaten zu dokumentieren und Prozesse zu ermöglichen. Wir können für die Organisation Empfehlungen aussprechen, wie sie mit den Ergebnissen der Aufarbeitung umgehen kann und welche Maßnahmen sie treffen könnte, damit Ähnliches für die Zukunft verhindert wird.

Im Bereich der Kommunikation können wir Trainings für Führungskräfte und die Belegschaft anbieten, die helfen, zukünftig besser zu kommunizieren, Missverständnisse zu überwinden, die Zusammenarbeit stärken und die Effizienz zu steigern. Wir können Kommunikationsstrategien für die interne Organisation, für Projekte, für Produkte, für einzelne Personen entwickeln und bei der Umsetzung und dem Monitoring unterstützen. Wir können interkulturelle Kommunikationssettings analysieren und Konzepte entwickeln, kultur- und sprachsensible Kommunikationsweisen zu etablieren.

In Bezug auf den Fachkräftemangel können wir durch tiefgehende Analysen der Unternehmens- und Arbeitsmarktkultur innovative Maßnahmen erarbeiten, die die Attraktivität für potenzielle Bewerber:innen erhöhen, von Employer Branding über Diversity Management und Anti-Bias bis hin zur Personalentwicklung, um ggf. das Potenzial in den eigenen Teams besser identifizieren zu können und Fachkräfte mit Weiterbildung zu gewinnen.

Natürlich kann es aus marketing- und vertriebsorientierten Erwägungen sinnvoll sein, Probleme nicht nur Lösungs- sondern gewinnorientiert anzusprechen. Ich finde aber, dass auf analytischer Ebene dieser Unterschied nicht verschwimmen sollte. Alle, die schon einmal mit ihrem Konto im Dispo waren, wissen, dass es einen Unterschied macht, ob man Geld braucht, um wieder auf Null zu kommen und die hohen Zinsen zu vermeiden, oder ob man im Guthaben agiert und das Geld so anlegt, dass es Zinsen bringt. Natürlich kommen beide Aspekte in langfristigen Finanzstrategien vor. Sie sind aber sowohl in den Handlungsoptionen als auch in der Stimmung, die sie verursachen, unterschiedlich.

Diese Art von Unterschieden klar zu erkennen und die passenden Maßnahmen zu empfehlen ist auch für andere professionelle Zusammenhänge relevant. Wir sollten nicht der Verführung erliegen, ein ohnehin schon einfaches Modell wie die VPC weiter zu vereinfachen, gerade weil wir mit komplexen Problemen oder mit einfachen Problemen in komplexen Kontexten vertraut sind. Entsprechend sollten wir es uns auch zutrauen – und kommunizieren –, tiefe, strukturelle, komplexe Ursachen von Problemen sorgfältig zu analysieren und zu differenzieren. So können wir auch die Grundlage für das Vertrauen schaffen, nach der Bewältigung von Problemen auch den Aufbau und die Gewinnorientierung zu begleiten.

Zu unserem Angebot für die Freien Berufe: Freie Berufe – Brotgelehrte

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