Sportjournalismus

Bei der Vorbereitung dieses Beitrags gingen mir zahlreiche Momente des Sportjournalismus durch den Kopf. Carmen Thomas werde ich für „Schalke 05“ immer in meinem Herzen tragen, obschon der Versprecher vor meiner Zeit war. Beim „Torfall von Madrid“ saß ich vor dem Fernsehgerät und hörte Günther Jauch und Marcel Reif zu – beide studierten übrigens u.a. Geisteswissenschaften. Nahezu Kult sind die Berichterstattungen von Carsten Sostmeier und Rolf Kalb – Sostmeier zum Dressurreiten, Kalb beim Snooker. Oder die Erinnerung an die gute alte Zeit, in der man samstags Nachmittags bei der Gartenarbeit alle Spiele der ersten Fußballbundesliga der Männer in der Radiokonferenz mithören konnte. Man wusste ja gar nicht, wie die Menschen zu den so vertrauten Stimmen aussehen, bis sie ins Privatfernsehen wechselten, wie Sabine Töpperwien, Werner Hansch, Manfred Breuckmann oder Eddie Körper – schon der Name!

Bestimmt habt Ihr, wenn Ihr jetzt noch lest, Eure eigenen Erinnerungen an Sportjournalist*innen, die in Euch die Frage aufkommen ließen, ob der Sportjournalismus nicht auch eine berufliche Option für Euch sei. In diesem Artikel findet Ihr einen Überblick zum Einstieg aus den Geisteswissenschaften, denn natürlich gibt es auch andere Wege, sei es über eine klassische Ausbildung im Journalismus und/oder Journalistenschulen, den Rollenwechsel aus der aktiven Profizeit, den Quereinstieg aus anderen Berufen mit Nähe zum Text oder einem Einstieg aus der Berichterstattung in Nebentätigkeit, etwa für Lokalzeitungen.

Tätigkeiten

Im Sportjournalismus geht es um die Berichterstattung über die Ergebnisse von Sportveranstaltungen, um die Analyse von sportlichen Ereignissen, die Hintergründe von sportlichen Entscheidungen und die Menschen hinter dem Sport. Inzwischen wird meist crossmedial gearbeitet, d.h., Sportjournalist*innen erzeugen unterschiedliche Medienarten – Text, Bild, Ton, Film – für die Berichterstattung.

Warum eigenen sich Geisteswissenschaftler*innen für den Sportjournalismus?

Man könnte einwenden, der Kultur- oder Wissenschaftsjournalismus liege näher. Aber letztlich ist es vielleicht eine Frage der Neigung, Nähe und Chancen. Eines der verbindenden Elemente ist die Fähigkeit zur professionellen Textproduktion und zur Auswahl von Stories bzw. Narrativen. Zweitens sind wir bekannt für unsere Fähigkeit, komplexe Zusammenhänge zu analysieren und zu interpretieren, wie etwa zu der Frage, warum vier Monate vor Beginn der Fußball-WM der Damen noch unklar ist, wer die Senderechte bekommt und ob überhaupt. Weiterhin können sie Ereignisse und Entwicklungen Kontext von Geschichte, Kultur und Gesellschaft verstehen und erklären. Da wir zudem individuelle, kulturell gerahmte Äußerungen des menschlichen Geistes studiert haben, fällt es uns oft relativ leicht, Motivationen und Emotionen von Sportler*innen und anderen Beteiligten im Sport zu antizipieren und in Worte zu fassen, selbst dann, wenn Interviewte vor Begeisterung oder Frust nur noch antworten: „Das ist unbeschreiblich!“

Kurz: Geisteswissenschaftler*innen können aufgrund ihrer Studienkompetenzen, angereichert um persönliches Talent, spannende und fesselnde Geschichten kreieren, die den Lesenden einen tieferen Einblick in die Welt des Sports geben.

Darum gab und gibt es auch eine ganze Reihe prominenter Geisteswissenschaftler*innen im Sportjournalismus: neben den schon erwähnten Marcel Reif, Werner Hansch und Günther Jauch auch Katrin Müller-Hohenstein, Wolf-Dieter Poschmann, Rolf Töpperwien, Claudia Neumann und Monica Lierhaus.

Auf welche Anforderungen sollten sich Geisteswissenschaftler*innen vorbereiten, wenn sie in den Sportjournalismus wechseln wollen?

Praxisorientierung: Ich möchte einen pointierten Dialog aus einem Berufsorientierungsseminar wiedergeben:

Ich als Dozentin: „Was denken Sie denn, als Geisteswissenschaftler*innen besonders gut zu können?“

Student: „Kritische Fragen stellen.“

– Ja, das stimmt. Im Sportjournalismus wird von Euch darüber hinaus erwartet, auch Antworten zu liefern. Insofern kann es eine Herausforderung sein, zwischen abstrakten Analyseaufgaben und konkreten Texten und Positionen rasch zu wechseln.

Nomenklatur und Regeln: „Abseits“ ist klar, denke ich. Was ist der „Landesektor“ beim Diskuswurf, „Bare-Knuckle“ beim Boxen, wie wird beim Eiskunstlauf oder Turmspringen gewertet? Als Geisteswissenschaftler*innen müssen wir uns mit der Nomenklatur der Sportarten, von denen berichtet werden soll, vertraut machen, und sollten regelfest sein – wozu es natürlich gehört, Regelanpassungen und –änderungen zu verfolgen.

Wie kann man in den Sportjournalismus einsteigen?

    • Praktika und Volontariate in Sportredaktionen. Ausschreibungen s.u. über die Ausschreibeportale sowie über die Social-Media-Kanäle der Medienunternehmen selbst.

    • freiberufliche Arbeit. Freiberuflich könnt Ihr praktisch immer starten – mit Auftragsarbeit für Medien in Eurer Region oder Pressearbeit für die Medien-Kanäle der Vereine und Verbände, denen Ihr angehört bzw. auf die Ihr aktiv zugeht.

    • Gründung eines eigenen Sportblogs oder -podcasts: Auf diese Weise könnt Ihr Eure eigene Stimme und/oder Schreibe finden, ein inhaltliches Profil aufbauen und Arbeitsproben sammeln.

Welche Stellenbörsen oder Jobportale gibt es für den Sportjournalismus?

    1. VDS-Stellenmarkt | Verband Deutscher Sportjournalisten

    1. Jobs4Sport | Facebook

    1. Sport Job – Der Personalspezialist für die Sportbranche (sport-job.com)

Nicht nur Sport:

    1. Jobs – Media Pioneer

    1. Deutschlands größter Stellenmarkt für Medienberufe | medien.jobs (boersenblatt.net)

    1. 427 Jobs & Praktika in der Medienbranche – DWDL.jobs

    1. medienkarriere.de – die Jobbörse für Medienschaffende in Deutschland

Außerdem schreiben die Medienunternehmen auf ihren eigenen Websites aus.

Wo könnt Ihr Euch gezielt weiterbilden?

Für den strukturierten Einstieg: Journalistenschulen, etwa

Mit Zertifikats- oder Themenkursen, z.B.

Ganze Studiengänge

Für Peer-to-Peer-Learning:

Was könnt Ihr lesen und hören, um Euch zu informieren und zu orientieren?

Natürlich sportjournalistische Erzeugnisse, um Technik und Stil zu studieren. Außerdem eine kleine Auswahl:

Zum Lesen:

    • Christoph Bertling/ Thomas Schierl: Sport und Medien, Wiesbaden 2020

    • Marcus Bölz: Sportjournalistik, Wiesbaden 2018 (Neuauflage für Oktober 2023 angekündigt)

    • Michael L. Butterworth (Hg.): Communication and Sport, Berlin/Boston 2021

    • Arne Güllich/ Michael Krüger / Eike Emrich (Hg.): Sport in Kultur und Gesellschaft: Handbuch Sport und Sportwissenschaft, Berlin 2021

Zum Schauen:

Zum Hören

Viel Erfolg!

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