Auf die Frage „Oh cool! Und was macht man später mal damit?“ habe ich inzwischen eine ziemlich gute Antwort parat, egal ob sie auf einer Geburtstagsparty oder einem Weinfest gestellt wird. Anders als bei z.B. ein Medizinstudium sind viele geisteswissenschaftliche Studiengänge in einen Mantel des Mysteriösen gehüllt – Spaß beiseite: Ich glaube, gerade weil das Ende offen ist, entscheiden sich so viele Menschen für ein Studium mit nahezu endlosen Berufsmöglichkeiten.

Im (scheinbar) starkem Kontrast kommt das Lehramtsstudium daher: Wer Lehramt studiert, wird eben Lehrer*in. Und so müssen Lehramtsstudierende meiner Erfahrung nach keinen elevator pitch perfektionieren, um auf die oben gestellte Frage zu antworten; sie wird entweder überhaupt nicht gestellt oder der*die Fragende antwortet sich selbst: „Ah, Lehrerin, oder?“ *verständnisvolles Kopfnicken*.

Das kommt sicherlich auch daher, dass man an Überschriften wie „Deutschland fehlen knapp 14.500 Lehrkräfte“ und „Schulbildung in Deutschland: Was tun gegen Lehrermangel“ gar nicht mehr vorbei kommt. Das Lehramtsstudium, und damit der Lehrberuf, scheint eine vergleichsweise sichere und vernünftige Studienentscheidung zu sein – der Bedarf ist schließlich hoch. Doch die Gründe, warum Absolvent*innen eines Lehramtsstudiums kein Referendariat beginnen, sind vielfältig: wechselnde Vorstellungen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die Entwicklung neuer Interessen, persönliche Erfahrungen in Praktika etc. und auch eine Neueinschätzung der Attraktivität des Lehrberufs („Warum jede fünfte angehende Lehrkraft nach dem Studium andere Wege einschlägt“).

Was auch immer die Gründe für eine Neuorientierung sind, das Lehramtsstudium bietet so viel mehr als nur den einen Karriereweg! Im Workshop „Berufsperspektiven jenseits der Schule“ (2.2.24) hat Mareike die Alternativen beschrieben, und mit Lehramtsstudierenden zusammengearbeitet, die neugierig auf Chancen außerhalb des Lehrer*innenberufs sind. Der Workshop bildet die Grundlage für diesen Blogbeitrag.

Innerhalb des staatlichen Schulsystems gibt es noch viele weitere Jobs, die auf einem Lehramtsstudium aufbauen können, z.B. Stellen in der Schulleitung, der Fachleitung, der Administration und Koordination des Schulalltags. Hier startet man vielleicht als Lehrer*in an einer Schule (allgemeinbildende Schule, Berufsschule, Förderschule, Berufskolleg), aber bewegt sich dann in eine andere Richtung. Wer sich mit dem Thema Schule auf eine abstraktere Art und Weise auseinandersetzen möchte, kann z.B. selbst in die Lehrer*innenausbildung und Schulaufsicht einsteigen, oder in einem der Schul- und Kultusministerien arbeiten, darunter z.B. das Ministerium für Schule und Bildung NRW oder das Ministerium für Kultur und Wissenschaft NRW.

An dieser Stelle sei nochmal darauf hingewiesen, dass staatliche Schulen nur einen Teil der möglichen Arbeitgeber*innen abdecken: Auch an Konfessionsschulen, Waldorf-Schulen, Montessori-Schulen, internationale Schulen (& deutschen Auslandsschulen) sowie freie Schulen werden qualifizierte Fachkräfte gesucht. Wer neugierig ist, kann auf der Website des Bundesverbands der Freien Alternativschulen (BFAS) mal die stattliche Liste durchgehen.

Sonderfall: Ergänzungsschulen

„Schulen“, die das Wort zwar im Namen haben, oder Bildung und Weiterbildung im breiteren Sinne anbieten, sind z.B. Sprachschulen, Yogaschulen, Musikschulen, Volkshochschulen, Schauspielschulen, Journalistenschulen… Auch hier findet man Ausschreibungen in den Bereichen Dozentur, Studienberatung, Coaching, Pädagogik usw.

Wer außerhalb des traditionellen Schulsystems Fuß fassen möchte, schaut auf den weitläufigen Bildungssektor. Dazu gehören Bereiche wie Schul- und Bildungspolitik (z.B. Stifterverband für Deutsche Wissenschaft e.V., Stiftung für Kulturelle Weiterbildung und Kulturberatung), Bildungsforschung (Auflistung von laufenden Förderprojekten des Bundesministeriums für Bildung und Forschung), Stiftungsarbeit (z.B. Globale Bildungskampagne, Save The Children, Cradle to Cradle), Bildungsmanagement (als Teil des Human Resources Management, d.h. Fort- und Weiterbildungen für das Personal), Tätigkeiten in Schul- und Lernmedienverlagen (z.B. Ernst Klett Verlag, SCHUBI Westermann, K2 Verlag, Finken Verlag, Oldenbourg Schulbuchverlag – Cornelsen) sowie außerschulischen Lernorten (Museen, Theater, Science Centers, Schülerlabore usw.).

In vielen der obengenannten Bereiche ist es außerdem möglich, sich selbstständig zu machen, z.B. als freie Dozierende, Coaches und Berater*innen. Besonders ambitionierte Absolvent*innen können auch ihre eigene Akademie oder Schule gründen – wie die Brotgelehrte Akademie. 😊

Die Fähigkeiten und Erfahrungen, die man im Studium erwirbt, öffnen also Türen zu zahlreichen beruflichen Wegen. Schließlich werden im Lehramtsstudium Inhalte aus der allgemeinen Pädagogik, Schulpädagogik, Psychologie, Didaktik und natürlich den Profilfächern vermittelt – das ist wertvolles Fachwissen. Davon abgesehen eignet man sich im Studium allerlei Soft und Hard Skills an (wissenschaftliches Schreiben, Organisationsfähigkeit, Recherche, Informationsgewinnung und -auswertung usw.), die in so ziemlich jedem Berufsfeld von Vorteil sind.

Der Weg nach dem Lehramtsstudium muss also nicht so festgetreten sein, wie er erscheint. Auf die Frage, was man nach einem Lehramtsstudium also machen kann, lautet die Antwort ehrlicherweise: „Ha, wie viel Zeit hast du, um mir jetzt zuzuhören?“. Die Liste ist lang.

  • Ghorbani, Viktoria: Tschüss Schule – Hallo Freiheit!: Finde deine erfüllende Alternative zum Lehrerberuf und kündige souverän, Ahrensburg 2023
  • Probst, Isabell: Ausgelehrt. Ab morgen läuft die Schule ohne mich!: So gelingen Ausstieg und Umorientierung als Lehrer: Erfahrungen, Praxistipps und Strategien für Abwägung und Neuanfang, Norderstedt 2019. 
  • Thiel, Felicitas u.a. (Hg.): Personalentwicklung in Schulen als Führungsaufgabe: Eine Bestandsaufnahme in den Ländern der Bundesrepublik Deutschland, Wiesbaden 2022, open access hier: Personalentwicklung in Schulen als Führungsaufgabe: Eine Bestandsaufnahme in den Ländern der Bundesrepublik Deutschland | SpringerLink
  • Impulsworkshop: Akademische Laufbahnplanung – 5. März 24, 16:30-18 Uhr, online
  • Buchvorstellung und Diskussion: Berufsfeld Wissenschaftsmanagement mit Dr. René Krempkow, 6.3.2024, 16-17:30 Uhr, online
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