In den vergangenen Wochen gab es mehrere Anfragen bei Brotgelehrte von Menschen, die bereits erfolgreich im Beruf (oder in einem ersten Beruf) sind und nun darüber nachdenken, „doch noch“ zu promovieren. In diesem Blogartikel schildern wir kurz für alle Interessierten die Rahmenbedingungen.

Was ist eigentlich die Promotion?

In Deutschland (wie in vielen anderen Ländern) ist die Promotion der höchste akademische Abschluss, den man erreichen kann. Am Ende eines erfolgreichen Promotionsstudiums wird der akademische Grad „Doktor“ (ggf. „Doktorin“) mit Benennung der Fachgruppe verliehen, also z.B. Dr. med. (medicinae), Dr. phil. (philosophiae) oder Dr. rer. pol. (rerum politicarum). Die Promotion bezeichnet nicht die gesamte Studienphase, sondern die Verleihung des Doktorgrades. Ebensowenig bezeichnet sie die wissenschaftliche Arbeit; jene heißt „Dissertation“. 

Wenn hier steht, der Grad werde „verliehen“, folgt die Frage, von wem. Das Promotionsrecht in Deutschland besitzen Universitäten, einige forschungsstarke Hochschulen für angewandte Wissenschaften (in NRW und Hessen – hier ist gerade etwas Dynamik im System) sowie die den Universitäten statusmäßig gleichgestellten Hochschulen (z.B. an medizinischen oder pädagogischen Hochschulen). Wer also promoviert werden möchte, muss sich eine Universität bzw. Hochschule mit Promotionsrecht suchen. Die Voraussetzungen und Anforderungen, die für eine Promotion erfüllt werden müssen, können je nach Hochschule, nach Fachbereich und auch nach Betreuenden variieren.

Welche Voraussetzungen müssen grundsätzlich erfüllt werden, um zum Promotionsstudium zugelassen zu werden?

Hier ist zunächst wichtig, das Promotionsstudium, das eine berufserfahrene Person beginnt, zu unterscheiden vom „Studium für Ältere“ (resp. den entsprechenden Bezeichnungen der jeweiligen Hochschule). Das „Studium für Ältere“ wird in der Regel über einen Gasthörendenstatus belegt, für das keine allgemeine Hochschulreife oder vorangegangenes Fachstudium erforderlich ist.

Das Promotionsstudium hingegen setzt ein erfolgreiches vorangegangenes Hochschulstudium auf Masterniveau voraus – zunächst einmal unabhängig von der Frage, wann dieses vorangegangene Studium absolviert wurde. Grundsätzlich kann ein Promotionsstudium unabhängig vom Alter belegt werden. Es sollte sich fachlich an das vorangegangene Studium anschließen.

Wenn das vorangegangene Studium schon länger zurückliegt – etwa vor der Bolognareform, noch im letzten Jahrtausend -, dann kann es natürlich sein, dass ein Studium belegt worden ist, das zur grundständigen Promotion führte. „Zwischenabschlüsse“, etwa Magistra Artium, gab es nicht; nach Absolvieren der erforderlichen Veranstaltungen schloss unmittelbar das Promotionsstudium an. Wurde dies nicht (oder nicht erfolgreich) abgeschlossen, gab es gar keinen Abschluss. Insofern gibt es nach wie vor Einzelfallentscheidungen nach individueller Prüfung, die auch Personen ohne Hochschulabschluss ein Promotionsstudium ermöglichen. Die Prüfung gilt vor allem der Feststellung, ob die Person wissenschaftlich arbeiten kann und realistische Erfolgsaussichten bestehen.

Weiterhin muss ein promotionswürdiges Thema vorliegen. Es sollte mit den während des Studiums erworbenen Methoden und Vorgehensweisen bearbeitet werden und für die akademische Gemeinschaft von Interesse sein. Was genau darüber hinaus „promotionswürdig“ ist, gehört zu den Dingen, die von den Promotionsausschüssen und -betreuenden entschieden werden. So habe ich etwa erlebt, dass genealogische Forschungen, die allein der eigenen Familie und Verwandtschaft galten, abgelehnt wurden (nicht von Interesse für die akademische Gemeinschaft), genealogische Forschungen jedoch, die die Prosopographie eines Ortes oder eine sozialen Gruppe erfassten, zugelassen wurden.

Drittens braucht man für das Promotionsstudium eine Betreuerin bzw. einen Betreuer. Die Person muss das Projekt fachlich begleiten und häufig auch begutachten können, d.h., üblicherweise ist die Person Hochschullehrer*in. Auch hier gibt es jedoch Ausnahmen; so kann zunächst eine betreuende Person gefunden werden, und die Gutachter*innen folgen später im Prozess. Letztlich ist der Hochschullehrendenstatus der betreuenden Person jedoch in den meisten Fällen relevant für die positive Entscheidung des Promotionsausschusses über die Zulassung zum Promotionsstudium.

Und viertens kommt der schon erwähnte Promotionsausschuss ins Spiel. Bei ihm (oder einem anderslautenden Äquivalent in der Hochschule der Wahl) muss ein Antrag auf Zulassung zum Promotionsstudium gestellt werden. Der Ausschuss prüft, ob die wesentlichen Voraussetzungen erfüllt sind und legt ggf. Auflagen fest. Mit der Arbeit an der Dissertation kann zwar schon begonnen werden, ehe eine Zulassung erfolgt. Aber erst mit der Zulassung besteht die Möglichkeit, auch die erforderlichen Prüfungen abzulegen.

Was muss nicht erfüllt sein?

Promotionsstudierende müssen nicht hauptberuflich an der Hochschule beschäftigt sein oder promovieren. Auch die berufsbegleitende Promotion ist möglich, unter Vorbehalt auch eine Promotion in der Arbeitslosigkeit oder Elternzeit oder eine Promotion im Ruhestand.

Je nach Fachgebiet und Vereinbarung mit den Betreuuenden bzw. dem Promotionsausschuss muss die Dissertation nicht in deutscher Sprache verfasst werden, sondern kann auch z.B. auf Englisch geschrieben werden.

Was gehört alles ins Promotionsstudium?

Den größten Umfang nimmt das Anfertigen der Dissertation in Anspruch. Für jene werden eigenständige Forschungen durchgeführt und schriftlich dokumentiert, erörtert, interpretiert etc. Die Dissertation ist am Ende des Forschungs- und Schreibprozesses einzureichen und wird begutachtet.

Wird die Schrift angenommen, folgt eine mündliche Prüfung. Dies kann je nach Promotionsordnung des Fachbereichs eine Disputation sein, eine mündliche Verteidigung der Schrift, oder ein Rigorosum, eine Befragung, bei der neben dem Inhalt der Dissertation noch weitere Wissensgebiete geprüft werden. Ist auch die mündliche Prüfung erfolgreich bestanden, fehlt noch die Veröffentlichung der Dissertation bis zur Verleihung der Urkunde und damit dem Recht, den Doktor-Grad zu führen.

Tatsächlich kann das recht profan vonstattengehen, mitunter kommt die Urkunde per Post. Wer von einer Zeremonie wie in den USA träumt, organisiere sie am besten selbst. 😊

Seltener gehören akademische Lehre, Vortragstätigkeiten und die Teilnahme an Weiterbildungen zu den Aufgaben der Promovierenden. Letztlich gibt es ja kein Arbeits- und Weisungsverhältnis zwischen Promovierenden und Betreuenden, insofern ist die Gestaltung weiterer Aufgaben neben den eigentlichen Prüfungsleistungen erneut ein individuell abzustimmendes Thema.

Kann man in jedem Fach berufsbegleitend promovieren?

Es eignen sich tatsächlich nicht alle Disziplinen gleichermaßen zur berufsbegleitenden oder externen Promotion. Die Arbeit in Hochschulteams, das Nutzen spezifischer forschungsrelevanter Infrastruktur wie Labore oder Kliniken ist für Externe deutlich schwieriger zu bewerkstelligen. Insofern tendieren viele zu einem möglichst autonomen Design des Promotionsvorhabens – sie arbeiten eher monografisch als kumulativ, eher allein als im Team, eher daten- und literatur- als laborbasiert. Entsprechend sind geisteswissenschaftliche Fächer für externe Promotionen recht beliebt. Aber auch hier sprechen wir eher über Tendenzen, nicht über Ausschließlichkeit. Es gibt auch Menschen, die in der Industrie oder Pflege arbeiten und die dortige Infrastruktur für empirische Arbeiten nutzen. Oder die eine kollegiale Partnerschaft zur hochschulinternen Arbeitsgruppe pflegen, sodass peer-reviewed paper auch im Team von Internen und Externen verfasst werden können. Letztlich entscheiden auch hier Betreuung und Kommission darüber, welche Themen und Personen wie zur Promotion zugelassen werden – eine Schlüsselkompetenz der „nachträglich Promovierenden“ ist demnach ein professionelles Beziehungsmanagement zu den Partner*innen in den Universitäten.

Ich hoffe, einen kleinen Einblick gegeben zu haben – kommt bei Fragen gern über das Kontaktformular auf uns zu.

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