Dies ist eine Vorschau aus Brotgelehrte Band 3 – erscheint im Sommer 2023.

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Bezeichnungen: Wissenschaftliche*r Mitarbeiter*in (Buchwissenschaften) / Dozent*in (Buchwissenschaften) / Professor*in (Buchwissenschaften)

Nah dran, aber anders: wissenschaftliche Laufbahn in anderen Disziplinen, Lektorat, Redaktion, Edition, Verlagswesen, Museumskuration, Literaturagentur, wissenschaftliche Arbeit in Stiftungen

Ebenso wie in den Disziplinen, die die meisten von uns Geisteswissenschaftler*innen studiert haben, gibt es auch in den Buchwissenschaften die Möglichkeit zur akademischen Laufbahn. Diese führt in der Regel von der Promotion über eine Postdocphase oder Juniorprofessur zu einer Professur auf Lebenszeit. Das bedeutet, wir haben es auf dieser Laufbahn mit drei unterschiedlichen Varianten des Berufs zu tun. Die beiden ersten verbinden Qualifikation und berufliche Praxis, meist in Hochschulen, und die letzte, der Qualifikation entledigt, nimmt verstärkt Elemente des Wissenschafts- und Forschungsmanagements auf. Insofern will beim Schreiben des Textes deutlich weniger Romantik aufkommen, als beim Tippen der Überschrift noch in der Luft lag.

Die Buchwissenschaft gehört zu den „kleinen Fächern“ und ist in Deutschland nur an fünf Standorten vertreten:

Arbeitsmarkt

Entsprechend klein sind der akademische Arbeitsmarkt und auch die Community dieses Arbeitsmarktes. Es ist übersichtlich, welche Personen in diesem Fach promovieren und wann jemand berufbar ist, sodass ein Quereinstieg aus einer anderen, fachlich nahen Disziplin ohne vorherige Aktivität in dieser Community überraschend käme. Natürlich ist es möglich, in den „größeren“ Disziplinen einen buchwissenschaftlichen Schwerpunkt zu wählen, etwa in den Geschichtswissenschaften etwas Buchgeschichtliches, in der Germanistik etwas Editionskritisches, in der Kunstgeschichte etwas zur illustrativen Druckgrafik als Qualifikations- und Profilierungsthema zu wählen, und damit in der Buchwissenschaft sichtbar zu werden.

Doch die akademische Laufbahn ist nicht die einzige Option. Buchwissenschaftler*innen finden Anstellungen an Bibliotheken, Museen und bei Stiftungen (z.B. Stiftung Buchkultur und Leseförderung; Stiftung Lesen; Kulturstiftung des Bundes; Stiftung Preußischer Kulturbesitz; Bertelsmann Stiftung).

Ausschreibungen finden sich auf den Websites der Institute und angegebenen Einrichtungen sowie auf folgenden Seiten:

Die Tätigkeiten von Buchwissenschaftler*innen bestehen mit unterschiedlichen Anteilen in Forschung, Lehre (Angestellte der Bibliotheken etc. können mit Lehraufträgen das Angebot der Studiengänge bereichern), Verwaltung, Publikationen und ggf. Qualifikation. Je nach Vertragsverhältnis und Aufgabengebiet kommen Projektarbeit (und damit Projektmanagement) und Bestandspflege bzw. Kuration hinzu. Wie bei allen akademischen Tätigkeiten können sowohl die Anstellung bzw. die Beamtenstelle freiberufliche Nebentätigkeiten ermöglichen, oder eine hauptberufliche Selbstständigkeit dient als Alternative.

Freiberufliche Buchwissenschaftler*innen übernehmen ebenso wie ihre Kolleg*innen in Anstellung und Verbeamtung Aufgaben in Forschung, Projektarbeit und Lehre, jedoch auf Honorarbasis. Wenn sie entsprechend zertifiziert sind, können sie auch als Sachverständige die Begutachtung von Büchern anbieten und durchführen – nicht der Manuskripte, wie im Lektorat, sondern alter, seltener oder außergewöhnlicher Bücher mit Blick auf deren Wert, Provenienz, Erhaltungszustand etc. Auch verlegerische oder buchhändlerische Tätigkeiten sind möglich, etwa Antikes Verlagswesen, wie im Beispiel von Paul Remmel. (Link: Antikes-Verlagswesen). Selbstständigkeiten als Buchwissenschaftler*in sind häufig von einem Tätigkeitsmix gekennzeichnet, der auch andere in diesem Band vorgestellte Dienstleistungen aufnimmt: Ausstellungskuration, Sammlungs-, Bibliotheken- und Archivberatung, Lektorat, Übersetzung, Schreibcoaching oder Angebote im Bereich Buch und Digitalisierung.

Beispiele für selbstständige Buchwissenschaftler*innen sind : Dr. Jörg Sundermeier, Dr. Hella Kemper und Dr. Fabian Thomas.

Netzwerke

Sowohl angestellte und verbeamtete als auch selbstständige Buchwissenschaftler*innen sind in Branchenverbänden und Netzwerken organisiert. Dies sind die sichtbarsten:

Digitalisierung

Auch die Tätigkeiten in den Buchwissenschaften sind von Veränderungen infolge der Digitalisierung erfasst. Natürlich gehören E-Learning und digital gestütztes Lernen zu den Aufgaben von Hochschuldozent*innen aller Disziplinen. Zudem entwickelte sich mit dem E-Book ein neuer Forschungsgegenstand; die Entwicklung der Formate, die Gestaltung digitaler Texte und die Auswirkungen digitaler Publikationen auf das Leseverhalten bzw. Selfpublishing bilden neue Themen. Ebenso wie die Bibliotheken befasst sich auch die Buchwissenschaft mit der Frage der Archivierung, Konvertierung und Zugänglichkeit digitaler Bücher. Hier kommen auch KI-gestützte Anwendungen ins Spiel, etwa Werkzeuge zur Transkription von Texten in historischen Schriftarten wie Transkribus (Transkribus | KI-gestützte Handschrifterkennung (readcoop.eu)). Methodisch ermöglichen KI-gestützte Werkzeuge eine stärker quantitativ ausgerichtete Textanalyse, etwa die Verarbeitung von großen Textmengen zur Erkennung von Mustern (siehe etwa Archer/ Jockers 2017).

 Folgende Tools können eine Rolle spielen:

Wie stets wird beim Einstieg nicht davon ausgegangen, dass Absolvent*innen der Geisteswissenschaften all diese Tools beherrschen. Es sei ein erster Einblick, mit welchen Themen und Programmen man sich auch im Selbststudium befassen könnte, um sich auf einen Einstieg vorzubereiten.

Erwartungen und Weiterbildungen

Über die digitalen Anteile hinaus wird von Buchwissenschaftler*innen zuerst fachliche Expertise erwartet. Sie sind Expert*innen für Buchgeschichte, Verlagspraktiken, Drucktechniken, Edition und (historische) Buchherstellung. Das im Studium erlernte wissenschaftliche Arbeiten setzt sich nun in einem professionellen Rahmen und mit zunehmend selbst verantworteten Forschungsprojekten fort. Damit ist die Fähigkeit, Projekte zu steuern und durchzuführen, relevant. Neben digitalen Ressourcen dienen auch Bibliotheken und Archive zur Informationssammlung. Da das Publizieren ein Element des wissenschaftlichen Arbeitens ist, gehören auch Grundlagen von Redaktion und Publikation (eigener Texte) zu den Kompetenzen, die im beruflichen Alltag eingesetzt werden. In einigen Fällen können Buchwissenschaftler*innen mit der Verwaltung von Sammlungen von Büchern betraut sein – so gehört mitunter auch Kompetenz im Management von Sammlungen zum Portfolio.

Weiterbildungen neben dem Studium bietet die Akademie des Deutschen Buchhandels. Teilaspekte lassen sich auch mit Online-Kursen abdecken, etwa über die Anbieter

  

Mehr lesen & hören

Podcasts 

Lektüre 

  • Jodie Archer/ Matthew L. Jockers: Der Bestseller-Code: Was uns ein bahnbrechender Algorithmus über Bücher, Storys und das Lesen verrät, Kulmbach 2017
  • Füssel, Stephan/ Norrick-Rühl, Corinna: Einführung in die Buchwissenschaft, Mainz 2014. 
  • Hilz, Helmut: Buchgeschichte. Eine Einführung. Berlin/ Boston 2019. 
  • Hilz, Helmut: Geschichte des Buches. München 2022. 
  • Thomas Keiderling (Hg.): Lexikon der Medien- und Buchwissenschaft: analog | digital, 3 Bde., Stuttgart 2016-18
  • Kurschus, Stephanie: European Book Cultures. Wiesbaden 2015.  
  • MacLuhan, Marshall: Die Gutenberg-Galaxis. Das Ende des Buchzeitalters. Düsseldorf /Wien 1968  
  • Vallejo, Irene: Papyrus – Die Geschichte der Welt in Büchern. Zürich 2022. 
  • Reihe: Mainzer Studien zur Buchwissenschaft, hg. von Stephan Füssel

Online-Ressourcen  

Dies war eine Vorschau aus Brotgelehrte Band 3. Erscheint im Sommer 2023!

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