In unseren Veranstaltungen gehört das Berufsziel „Lektorat“ zu den Top-3-Zielen. Deswegen gibt es im Brotgelehrte Band 3 auch ein ganzes Kapitel zum Thema.

In diesem Beitrag geht es darum, ein hartnäckiges Klischee aus dem Weg zu räumen:

Wenn man Lektor*in werden möchte, muss man ein Volontariat machen.

Das Volontariat gilt traditionell als der Einstiegsweg in die Welt des Lektorats und des Verlagswesens schlechthin. Es verspricht eine strukturierte Ausbildung und einen Überblick über die verschiedenen Tätigkeitsfelder im Verlag. Doch die Realität sieht oft anders aus, und es ist wichtig, die Vor- und Nachteile sorgfältig abzuwägen. Persönliche Erfahrungen sind leider häufig von folgenden Aspekten geprägt:

  • Viel Arbeit, aber wenige bis keine Aussichten auf eine langfristige Position im Verlag.
  • Statt einer vollwertigen Ausbildung mit umfassendem Einblick und Lernmöglichkeiten ist die Arbeit einseitig, unstrukturiert und repetitiv.
  • Die Vergütung ist schlecht.

Um dem entgegenzuwirken und Interessierten eine Orientierungshilfe zu bieten, haben die Jungen Verlags- und Medienmenschen ein Gütesiegel für Volontariate erstellt. Es zeichnet Programme aus, die eine strukturierte und umfassende Ausbildung garantieren, inklusive der Vermittlung von Schlüsselkompetenzen, die für eine Karriere im Verlagswesen essentiell sind sowie Aussichten auf eine nachhaltige berufliche Perspektive. Ein Blick auf die ausgezeichneten Verlage ist ernüchternd, die Liste ist erschreckend kurz.

Das bedeutet, dass die Auswahl bei diesen Verlagen sehr gering ist – und es bedeutet, dass Bewerber*innen die Arbeitsbedingungen ausgeschriebener Volontariate anderer Verlage kritisch überprüfen sollten, und das ist keine einfache Aufgabe. Foren, Netzwerkpartner:innen, die jemanden kennen, der:die bereits Erfahrung gesammelt hat, ggf. auch Messebesuche, bei denen man ins Gespräch kommen kann, können helfen. Es ist dementsprechend entscheidend, sich nicht von dem Prestige eines Volontariats blenden zu lassen, sondern genau zu hinterfragen, welche Lern- und Entwicklungsmöglichkeiten tatsächlich geboten werden.

Fazit: Volo ist nicht gleich Volo. Ein Volontariat ist kein Muss, und sollte, genau wie jede andere berufliche Entscheidung, sorgfältig überdacht werden.

Welche anderen Wege führen dann ans Berufsziel Lektorat? Es gibt zwei: Der eine führt über Studium, Praktika und/ oder eine spezifische Ausbildung (wie z.B. Medienkaufleute) in Konzernverlage, mittelständische Verlage, Unternehmen mit eigenem Verlag oder Content Management sowie in Werbeagenturen. Dieses Arbeitsverhältnis ist das klassische: Man ist feste*r Angestellte*. Ein Einstieg ist nicht zwingend mit einem Volontariat verbunden.

Der andere Weg führt ebenso übers Studium, Praktika etc. in die Freiberuflichkeit. Freiberufliche Lektor*innen spezialisieren sich häufig auf bestimmte Genres, Themen oder Autor*innen und arbeiten intensiv am Text. Im Gegensatz zu Verlagslektor*innen betreiben sie kein Programmmanagement im herkömmlichen Sinne, sondern konzentrieren sich auf das „Lesen“ im eigentlichen Sinne.

Da es nicht das eine Studium oder den einen Abschluss gibt, und auch Quereinsteiger*innen aus den unterschiedlichsten geistes- und sozialwissenschaftlichen Studiengängen in der Branche Fuß fassen können, ist eines klar: Der Aufbau der eigenen Fähigkeiten sowie praktische Erfahrungen und der Ausbau des eigenen Profils (z.B. auch über Zertifikatskurse und Weiterbildungen) bilden die Grundlage für eine Arbeit als Lektor*in – ob als Angestellte*r oder freiberuflich. Beim VffL gibt es zahlreiche Berufsprofile von Lektor*innen, die mit ihren individuellen Werdegängen inspirieren können.

Das Volontariat wird zwar als ein gängiger Einstiegsweg in das Lektorat und das Verlagswesen betrachtet, ist jedoch nicht der einzige Weg. Beruflicher Erfolg kann in diesem Feld neben dem Volontariat auf unterschiedliche Weise erreicht werde, seien es Direkteinstiege, Ausbildungen, Übernahmen aus Praktika und freien Mitarbeiten oder der Entscheidung für den Aufbau einer freiberuflichen Existenz. Die kontinuierliche Weiterbildung, Aufbau und Pflege eines professionellen Netzwerks und das aktive Verfolgen von Branchendiskussionen bleiben zentrale Komponenten für eine erfolgreiche Berufstätigkeit im Lektorat.

Menü