Dies ist ein Beitrag aus dem Arbeitskontext mit Alexandra Busch: Busch & Dr. Menne Hochschulconsulting (busch-menne.de).

Wiederholt erlebten wir in den vergangenen Monaten, dass Lehrende von Belästigungen oder sogar Bedrohungen vonseiten Rechtsextremer zu kämpfen hatten. Die Phänomene sind unterschiedlich, etwa:

  • Störungen in den Lehrveranstaltungen, die Wortwahl, Sprechweisen, Forschungsergebnisse oder ganze Forschungsbereiche delegitimieren sollten,
  • permanente E-Mails, die forderten, als Angehörige:r des öffentlichen Dienstes offen zu legen, welche Medien zur Lektüre ausgewählt wurden, und zu rechtfertigen, warum Medien des rechten Spektrums nicht in angemessener Weise darunter seien,
  • Shitstorms gegen Social-Media-Kanäle von Arbeitsbereichen.

Mit diesem Blogbeitrag möchten wir ein rasche „Erste Hilfe“ teilen.

Auch wenn es schwerfällt und intuitiv Abstand und Löschen die bessere Wahl scheinen, ist es wichtig, Über- und Angriffe zu dokumentieren: E-Mails und Chatverläufe speichern, Screenshots, Gedächtnisprotokolle. Sie bilden die Datengrundlage, die den Betroffenen auch hilft, der eigenen Wahrnehmung zu trauen.

Wenn Ihr politisch motivierte Belästigungen und Bedrohungen in Ausübung Eurer Dienstpflichten bzw. Arbeitsaufgaben erleben, dann handelt es sich immer auch um einen Angriff auf die Institution selbst. Darum sind die zuständigen Stellen zu informieren:

  • die Hochschulleitung. Sie hat die Aufgabe, die Sicherheit der Beamt:innen und Mitarbeiter:innen zu gewährleisten. Ggf. (hoffentlich!) ist bereits ein Prozess definiert, an wen/welche Stelle eine solche Meldung delegiert wird und welche Maßnahmen zu ergreifen sind.
  • Die Antidiskriminierungsbeauftragten: Sie sind professionell geschult und vernetzt, um im Fall von Diskriminierung und Bedrohung Auskunft zu geben und Prozesse in Gang zu setzen.
  • In akuten Bedrohungslagen, z.B. während der Lehre oder bei Belästigungen im/am Büro: der Sicherheitsdienst: Er ist dazu da, die Sicherheit auf dem Campus zu gewährleisten. In vielen Hörsälen und Seminarräumen sind noch Telefone, in denen die Zentrale bzw. der Sicherheitsdienst mit einer Kurzwahl eingespeichert ist – das könnt Ihr vor der ersten Sitzung im neuen Raum prüfen. Ansonsten kann es sinnvoll sein, die Nummer im eigenen (Dienst)Handy zu speichern.
  • Bei strafbaren Handlungen (in diesem Zusammenhang typischerweise Beleidigung, Bedrohung, Volksverhetzung, Gewaltverherrlichung) sollte bei der Polizei Anzeige erstattet werden.

Insbesondere bei Bedrohungen im Netz haben wir in den Coachings gehört, dass Hochschulstellen und Kolleg:innen dies mitunter herunterspielen. Wir möchten Euch hier stärken:

Auch virtuelle Gewalt ist Gewalt.

Auch gewaltvolle Sprache ist Gewalt.

Diese Phänomene sind nicht neu; schon 2018 erschienen Leitfäden und Studien dazu (s. z.B. ISD_Ich_Bin_Hier_2.pdf (isdglobal.org)). Entsprechend erfordern sie Schutz, Abwehr und die Fähigkeit zur Gegenwehr.

#metoo hat gezeigt, dass Gegenwehr mehr Effekt hat und sichtbarer wird, wenn sie aus mehr als einem Fall, mehr als einer Geschichte besteht. Darum gehört das strategische Netzwerken auch im Fall der Belästigungen und Bedrohungen von Rechtsextremen zum unbedingten Repertoire. Hinzukommt, dass wir ja gerade darum im Coaching über die Themen sprachen, weil nach wie vor zuständige Stellen in den Hochschulen schweigen, lächeln, beschwichtigen oder meinen, das sei etwas, das es auszuhalten gelte. Ist es nicht.

Sollten Kosten entstehen, z.B. Rechtsberatung, hilft der VBRG Opferhilfefonds. Und in der Stiftung Contra Rechtsextremismus im Deutschen Anwaltverein haben sich spezialisierte und engagierte Anwälte zusammengeschlossen; auch hier könnt Ihr Kontakt aufnehmen.

Gegen jede Art von Gewalt im Netz ist die ⁣Gemeinnützige Organisation für Menschenrechte im Netz — HateAid aufgestellt.

Umfassend engagiert sich die  Amadeu Antonio Stiftung, sie bietet ebenfalls einen Hilfsfonds. Außerdem hat sie Kompetenz an der Schnittstelle von Genderfeindlichkeit und Rechtsextremismus: Fachstelle Gender, GMF und Rechtsextremismus – Amadeu Antonio Stiftung.

Wir wünschen Euch, dass Euch nichts Böses widerfährt, Ihr entschlossene und wirksame Unterstützung der zuständigen Stellen erhaltet und auf ein stärkendes Netzwerk zurückgreifen könnt!

Denn auch, wenn die Hochschule angegriffen wird, erfahrt doch zuerst Ihr als Person die Bedrohung und müsst mit den die Belastungen, die diese mit sich bringen, leben.

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