Manchmal fällt mir erst etwas auf, wenn ich den Kontrast sehe, z. B., dass die angeführten Historiker-/history-marketing-Agenturen von Männern gegründet/geführt werden. Heute traf ich auf eine Frau, zumal in der Provinz: Dr. Anna Bálint erstellt von Höxter (Westfalen) aus Publikationen zu Geschichte, Wirtschaft und Kunst. Ihr Schwerpunkt liegt weniger auf History Marketing als auf der Realisierung von Buchprojekten.
Eine weitere Gründerin ist Hanna Brunken, die sich auf der Grundlage eines Studiums der Literatur- und Medienwissenschaft mit einer agentur für digitale Kommunikation selbstständig gemacht hat. Auf der Seite “über mich” sehen Sie fast einen idealtypischen Verlauf nach dem Studium über Praktika, Anstellung, Leitung in die Selbstständigkeit.
Ob Frauen anders gründen und freiberuflich tätig sind als Männer? Das Bundesministerium für Bildung und Forschung hält dazu sowie zum Gründungsprozess insgesamt Informationen und weiterführende Links bereit: http://www.bmbf.de/de/2578.php
Aus meiner Erfahrung und der Beobachtung meines sozialen Umfelds kann ich feststellen, dass die Gründung von Kulturwissenschaftlerinnen häufig “halb” freiwillig erfolgt, nämlich nach der Familiengründung, wenn eine Vereinbarkeit von Familie und Beruf im alten Umfeld nicht mehr gewährleistet ist. Die Selbstständigkeit erlaubt eine Anpassung des Broterwerbs an die Lebenssituation, bedeutet jedoch häufig geringere Einkünfte als in Anstellungsverhältnissen, hohe Arbeitsbelastung zu Zeiten, die zuvor “Freizeit” waren (nachts und am Wochenende) und viele neue Kompetenzen, von der Buchhaltung bis zur Akquise.
[update 26.8.2013] Sylvia Hipp-Wallrabe, Volkswirtin, verfasste den Ratgeber
Existenzgründung für Frauen. Ihr Start in die Selbstständigkeit, München 2009.
Ich bin ein wenig hin- und hergerissen: Auf der einen Seite gründen viele Frauen “anders” (nämlich als die angenommene Norm, also Männer) und aus einer Situation heraus, die suboptimal ist (nämlich dann, wenn eine Vereinbarkeit von Broterwerb und Familie im Rahmen üblicher Anstellungsverhältnisse nicht möglich ist mit entsprechend weniger Rücklagen, hoher Belastung und zeitlichen Einschränkungen). Es wäre eine Errungenschaft, diese Situation nicht als defizitär zu verstehen, sondern als eine von vielen Spielarten von Gründungskontexten. Insofern ist dieser Ratgeber, der Themen wie Gründung und Mutterschutz aufgreift, hilfreich. Auf der anderen Seite jedoch sträubt sich in mir alles, wenn ich erwarten soll, dass das Buch mir zeit, wie ich “typisch weibliche” Eigenschaften gezielt einsetze. Ich mag es nicht, wenn man mir qua Geschlecht Belastbarkeit und Kommunikationstalent unterstellt – die potentielle Partner dann bei mir voraussetzen können? Ich bin eine ungeduldige ostwestfälische Frau und manchmal ist für mich mit “Tja” auch alles gesagt, von der Macht des Schweigens nicht zu reden.