Ich war in den letzten Tagen der schönen neuen Berufswelt etwas überdrüssig und dachte, ich schau mal wieder nach richtig knackig fachaffinen Beschäftigungen. Berufe und Tätigkeiten, die es auch ohne Bolognareform, dawanda und online-Yogastudios schon gab. Welchen Weg kann ich dazu gehen? Richtig, den der Hilfs- und Grundwissenschaften.
Dazu zählt etwa die Onomastik – Namenkunde, Kunde von den Eigennamen. Darunter fallen z. B. Vornamen, Nachnamen, Ortsnamen, Flurnamen, Siedlungsnamen, Straßennamen, Götternamen, literarische Namen oder Völkernamen.
Wo?
Die meisten Fachleute arbeiten in wissenschaftlichen Institutionen. Sie sind dort nicht als „Onomasten“ angestellt, sondern als wissenschaftliches Personal. Sie geben die Onomastik als einen ihrer Arbeitsschwerpunkte an und betreiben nicht nur Namenkunde im engeren Sinn, sondern auch reflexiv: Namenstheorie, Siedlungsgeschichte, Sprachgeschichte, Lexikografie, Dialektologie. Der Werdegang entspricht dem von Wissenschaftlern insgesamt: Qualifizieren, Publizieren, Kavalierstour über befristete Stellen hinweg etc. Onomasten sind häufig tätig an historischen oder linguistischen Instituten tätig, die Forschungsfreiräume bieten oder bestimmte Schwerpunkte gesetzt haben, etwa Landesgeschichte, Slawistik oder andere Philologien. Neben den Universitäten selbst gibt es An-Institute oder außeruniversitäre Einrichtungen, an denen Wissenschaftlerinnen mit Schwerpunkt Onomastik beschäftigt sind, etwa die Namenberatungsstelle an der Universität Leipzig, das Geisteswissenschaftliche Zentrum Geschichte und Kultur Ostmitteleuropas (GWZO), die Gesellschaft für deutsche Sprache e.V., die Kommission für bayerische Landesgeschichte oder die Akademie der Wissenschaften und der Literatur in Mainz mit dem Projekt Digitales Familiennamenwörterbuch Deutschlands.
Andere arbeiten selbstständig, und auch hier zählt die Onomastik meist in eine breitere Angebotspalette hinein, wie etwa bei der selbstständigen Historikerin Susanne Baudisch, Thomas Liebecke von Onomastik.com (schöner Blog; Liebecke kooperiert mit der Namenberatungsstelle) oder das Zentrum für Namenforschung Prof. Udolph als Dienstleistungs- und Forschungsunternehmen. Die Dienstleister bieten u.a. Vornamenberatung, Beratung hinsichtlich der Wirkung von Eigennamen oder auch Recherche z. B. für Familienforscher. Voraussetzung ist auch hier eine wissenschaftliche Qualifikation und hohe, spezialisierte Fachkompetenz. Anders als bei anderen wissenschaftlichen Dienstleistungen wirken die Grenzen zwischen Akademie und Wirtschaft hier etwas unbestimmt, denn auch Arbeitsgemeinschaften an Universitäten bieten Expertise und Gutachten zu Namen als Dienstleistung an, z. B. die Forschergruppe NAMEN an der Uni Regensburg.
Fachzeitschrift:
www.namenkundliche-informationen.de
Links:
Deutsche Gesellschaft für Namenforschung (GfN) e.V.
The International Council of Onomastic Sciences (ICOS)
Kommission für Mundart- und Namenforschung Westfalens, Münster
Literatur (affiliate links!):
Gerhard Koß: Namenforschung. Eine Einführung in die Onomastik, Berlin 2002
Friedhelm Debus: Namenkunde und Namengeschichte: Eine Einführung, Berlin 2012
Volker Kohlheim/Rosa Kohlheim: Duden – Das große Vornamenlexikon, Berlin/ Mannheim/ Zürich 42013
Quelle für das Beitragsbild: https://no299.wordpress.com/2014/11/25/wochenplanarbeit-spanische-namen/
3 Kommentare.
Sieh mal an, hab was zugelernt, wusste nicht mal, dass es sowas gibt wie Onomastik! Herzlichen Dank für den Beitrag.
Ich habe ein amerikanische Freund dessen Vornamen sind „Lee John“. Ich kann mich nicht entscheiden ob seine Eltern gut gebildet waren und ein Wortspiel wollten, oder ob sie schlicht den Spruch „My name is legion“ falsch gehört hatten 😉
[…] Vornamen-Berater*in […]