Wer unserem Instagram-Account folgt, wundert sich vielleicht, was Brotgelehrte nun mit Sport zu tun hat.


Es gibt mehrere Bezüge:

Der erste Anlass war literarischer Natur. Ich fand auf einem Tisch mit Mängelexemplaren Meine Olympiade | Ilija Trojanow. Las und dachte: Das will ich auch machen. Sport aus der Perspektive einer mittelalten Frau, die nicht Sportprofi war, ist ohnehin zu wenig beachtet. Ich bin neugierig auf Sportarten, die ich noch nie ausprobiert habe, und neugierig auf meine Grenzen.

Zweitens ist im Coaching ist immer wieder mentale Gesundheit ein Thema. Sowohl Ausdauer- als auch Kraftsport sind gute Instrumente, etwas für die mentale Gesundheit zu tun, sowohl präventiv als auch begleitend, wenn es bereits Beeinträchtigungen gibt. Weil wir Brotgelehrten unser Heil allerdings oft und gern in Büchern suchen, bietet die Olympiade eine Erweiterung unserer Wahrnehmungs- und Handlungsroutinen.

Drittens: Seit ich mit der Olympiade begonnen habe, beobachte ich die Schnittstellen zu vielen Themen, die ich auch als Geisteswissenschaftlerin bearbeite.
Dazu gehört zuerst die Frage nach dem Geschlecht: Ich setzte mich mit genderbezogenen Vorannahmen anderer, aber auch von mir selbst auseinander und war erstaunt, wie beschränkend sie wirken. So sehr, dass es kaum offene Angebote gibt, um sich auszuprobieren. Aber auch auf mittelbaren Ebenen. Mir ist klargeworden, dass ich sportlich nie dieselben Träume haben konnte wie männliche Personen im gleichen Sport, und dass wir aber über die Träume von Mädchen und Frauen und ihre Bedeutung für Motivation, Verantwortung, Selbstkonzepte wenig sprechen.

Weiterhin beobachte ich verstärkt die Regionalentwicklung und die Nutzung des ländlichen Raumes für Erholung, Freizeit und Sport. In der vorhandenen Infrastruktur könnten wunderbare Sekundärnutzungen entstehen.

Drittens stellt mich der Sport immer wieder vor Fragen der Selbstorganisation und Selbstführung – und bildet insofern eine wertvolle Projektionsfläche für mein Verhalten in professionellen Kontexten. Wie priorisiere ich? Was klappt intuitiv, was muss ich üben? Was sind OKR? Woran erkenne ich Fortschritte in Bereichen, in denen ich mich noch nie erlebt und beobachtet habe? Wie erschließe ich mir als Person mit Berufserfahrung ganz neue Bewegungen, und wie gewinne ich darin Sicherheit? Wen frage ich um Rat und Unterstützung? Wo schlummern verborgene Talente? Wie reagiere ich unter Stress, Anstrengung, Lustlosigkeit? Wann kommt Motivation von allein, wann brauche ich sie von außen, wann geht es vielleicht auch ohne Motivation?


„Heute ist Kraft die wichtigste Währung“, wird Coach Christina Buchholz in der aktuellen Ausgabe des Strive Magazins zitiert (S. 34). Natürlich erinnerte dieses Zitat sofort an Bourdieus (u.a.) Theorie des sozialen Kapitals einschließlich der Tauschfähigkeit der unterschiedlichen Kapitalformen untereinander. Kraft als Währung geht über die Symbolik hinaus, wenn die Herausforderungen Stress, Erschöpfung, fehlende Lebensfreude und sinkende Leistungs- und Gestaltungsfähigkeit lauten.

Die Brotgelehrte-Olympiade ist darum zugleich Einladung und Dokumentation.

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