Studium (fast) geschafft, nun soll ein Anstellungsverhältnis her! Die Bewerbungstrainings, die die Uni anbot, haben Sie durchlaufen, Ihre Unterlagen zusammengestellt und korrigiert, Bewerbungsfotos nach der neuesten Mode für reichlich Geld schießen lassen, vielleicht mal gegoogelt, was ein Assessment Center ist, für den Fall der Fälle. Aber wie Sie passende Stellen finden, ist Ihnen vielleicht ein Rätsel. Ich jedenfalls habe nach Studienabschluss vor 12 Jahren in FAZ und ZEIT geschaut und gedacht: “Ich schaue in 12 Jahren nochmal, wenn ich über Promotion, Auslandserfahrung, Weiterqualifikation und Berufserfahrung verfügen werde.”

Auch heute sind FAZ und ZEIT nur bedingt geeignet, wenn Sie einen Job als Absolvent suchen; Doktorandenstellen und -stipendien sind dort ausgeschrieben, manchmal auch Volontariate, etwa im eigenen Haus. Das erste Suchkriterium sollte also nach der Art der Beschäftigung fragen, und die ist für Absolventen eben häufig eine Art Initiationszeit unter dem Namen Volontariat, Referendariat oder Trainee. Nur in wenigen Fällen und dann meist mit relativ geringer Bezahlung finden Sie Ausschreibungen für “richtige” Arbeitsstellen für Absolventen unserer Disziplinen. Sehr schematisch dargestellt führen zwei Wege zu diesen Einstiegsjobs: der über Jobbörsen bzw. Ausschreibungen und der über Netzwerke und Beziehungen. Im Folgenden geht es um eine Auswertung der allgemeinen Jobbörsen; zum zweiten Weg komme ich im nächsten Blogbeitrag.

Ich habe mir das Vergnügen gegönnt, durch einige recht bekannte online-Jobbörsen zu surfen und nach Stellen für “Germanist”, “Historiker” und “Philosoph” zu suchen, in der naiven Assoziation, wenn Sie suchen, wissen Sie vielleicht nicht genau, wie Ihr Job heißen könnte. Schnell sah ich ein, dass dieses zweite, ausbildungs- und tätigkeitsorientierte Suchkriterium nur bedingt sinnvoll ist. Es gab kaum Treffer, und die wenigsten davon waren passend. Nach Ergebniszahl erfolgreicher war die Suche nach “Deutsch”, “Geschichte” und “Philosophie”, aber vermutlich können Sie sich denken, was geschah? Die Maschinen nutzten Volltextsuche, und unter den Treffern waren “Deutschkenntnisse vorausgesetzt”, “Geschichte unseres Unternehmens” und “unsere Produktphilosophie”.  Am besten gefiltert war das Suchergebnis der www.jobboerse.arbeitsagentur.de : 12 von 12 Treffern für Historiker, 24 von 24 Treffern für Germanisten waren passend, von studentischen Nebenjobs über Stipendien, wissenschaftliche Mitarbeiter und Sachbearbeiter bis hin zu Leitungspositionen. Auch das Suchergebnis für “Kultur” war gut, umfassend und in den Stellen und Anforderungen sehr heterogen. Lediglich die Philosophen gingen leer aus. Die meisten Ausschreibungen gab es für den öffentlichen Dienst, und es gab keine “unerwarteten” Stellen; alles im bekannten sozialen Rahmen von Bildung, Kultur, Medien, Verwaltung und in der Regel in kulturellen Ballungsräumen bzw. an Universitätsstandorten.
Enttäuschend hingegen fand ich das Suchergebnis von www.academics.de : 0 Treffer für “Historikerinnen”, 115 für “Geschichte” (btw: Eine Suchmaschine, die sich auf Akademiker spezialisiert, sollte bei der Frage nach Historikern Hits für Geschichte anzeigen, zumal wenn Historiker gesucht werden). In diesen 115 kamen allerdings nur 12 Stellen tatsächlich für Historiker infrage, zusätzlich 19 Stipendien, Preise und wissenschaftliche Projekte mit teils interdisziplinärer Ausrichtung und 11 Praktika bzw. Volontariate. Bei sechs Stellen stand nicht die Disziplin, sondern eine besondere Fähigkeit im Vordergrund, z. B. Erfahrung im Einsatz von quantitativen Methoden – Wirtschafts- und Sozialhistorikerinnen werden dies vorweisen können, die Mehrheit jedoch nicht. Fünf Ausschreibungen waren sehr spezifisch, so dass hier womöglich ein Topf seinen Deckel findet, etwa ein Numismatiker. 58 Ausschreibungen richteten sich an Absolventen anderer Fächer: Anglisten, Medienwissenschaftlerinnen, Politologen.
Fazit: Die Anzahl der Treffer mit grundsätzlich der gesuchten Stoßrichtung war höher als in allen anderen Portalen, doch die Sortierarbeit nahm viel Zeit in Anspruch.

Bei www.monster.de fanden sich auch Ausschreibungen für Tätigkeiten, die einen größeren Abstand zur Akademie aufweisen. Für “Germanist” erhielt ich 15 Treffer, darunter „technischer Redakteur“, „Texter“, Übersetzer Deutsch-Französisch,
Lektor, Referent Media Relations/ PR, Werber, Assistenz des Hochschulrektors, Archivar (explizit gesucht „Historiker, Archivar oder Germanist“) und einen Werkstudenten als Firmenjournalist. “Historiker” wurden über 80 Mal gesucht, und für das “technische Lektorat/ technische Redaktion” häufiger als Germanisten. Allerdings verflachte meine Freude gleich wieder, als in 50% dieser Ausschreibungen stand, dass eine Weiterbildung in diesem Bereich Voraussetzung sei. Recht viele Ausschreibungen gab es auch für die Bereiche “Dokumentation” und “Lektorat”, und auch hier zeigt sich die Falle der hinterlegten Keywords: Für fast alle ausgeschriebenen Stellen wurde ein Studium in einem branchenspezifischen Fach – Pharmazie, Maschinenbau, Flugzeugtechnik… – vorausgesetzt.
Fazit: Lohnt sich, um über den öffentlichen Dienst und Kultursektor hinauszuschauen und Begriffe für Tätigkeiten in der Freien Wirtschaft zu sammeln.

Die übrigen Jobbörsen waren schnell ausgewertet. Bei experteer muss man sich registrieren. Jobscout24 und absolventa sind in den Treffern noch unspezifischer als die oben ausführlich geschilderten, wobei absolventa nur wenige Treffer bot. Auch jobware, eine Börse für Fach- und Führungskräfte, ist auf unsere Disziplinen nicht gut eingestellt. Für “Philosoph” gab es 13 Treffer, davon nicht einen für Philosophen. Bei www.stepstone.de hingegen suchte ich nach Berufseinstieg/Trainee-Angeboten, was ein gutes, wenn auch geringes Ergebnis brachte, von dem erneut ca. 50% auszuschließen waren, weil für die Traineeprogramme schließlich doch BWLer (gegen die käme man vermutlich mit Individualität und Branchenkenntnis noch an ;-)) oder Ingenieure gesucht waren. Frauenspezifische Jobbörsen, denen ich mit Sympathie zugetan war, wie www.mutterschafft.de oder www.fjobs.de (den Titel finde ich irritierend), brachten gar keine Ergebnisse.

Wenn Sie also noch nicht wissen, wie Ihr Job genau heißt, kann ein Surfen durch die Jobbörsen Ihnen einen Überblick verschaffen, wie Personaldienstleister unsere Disziplinen kategorisieren – und vor allem, wie wenig sie und die ausschreibenden Unternehmen über uns wissen. Sie werden insbesondere bei den großen Anbietern Dubletten finden, also die gleiche Ausschreibung an mehreren Orten. Der Vorteil bei diesen offenen Ausschreibungen ist jedoch vermutlich, dass es sich um “echte” Angebote handelt, also wirklich ein Mitarbeiter gesucht wird und nicht nur pro forma eine Ausschreibung abgegeben wird, obwohl der Wunschkandidat das Büro schon bezogen hat. Außerdem können Sie hier auch Stellen finden, die zu Ihrem Studium passen, aber nicht zur üblichen Nomenklatur der “einschlägigen Berufe” zählen, die wir Dozenten vielleicht für Sie vorsehen. Die Jobbörsen helfen Ihnen, den Blick etwas abseits der üblichen Beschäftigungskontexte im öffentlichen Kultur- und Bildungssektor schweifen zu lassen.
Kurz erwähnt sei noch, dass ich stets deutschlandweit gesucht habe – wenn die Zahlen Sie ermutigen, Sie aber eigentlich gar nicht wegwollen aus z. B. Osnabrück, muss ich Sie enttäuschen: kein Treffer im Umfeld, außer vielleicht eine Direktorenstelle in Vreden.

Eine spezifische Suche, etwa über Fachportale, kann Ihnen weiterhelfen, wenn Sie schon eine ungefähre Richtung für Ihre Suche haben, z. B.

Liste mit fachspezifischen Stellenbörsen der FU Berlin

Jobbörse Museumsbund
Stellenangebote im öffentlichen Dienst
Stellenangebote in der Geschichtswissenschaft auf hsozkult
Stellenbörsen für Archiv und Bibliothek
mediajobs
Jobs im ÖR-Rundfunk
Jobs für Marketing, Werbung und Medien
Jobbörse des Börsenvereins für den deutschen Buchhandel (auch Verlagswesen)
Jobbörse für Journalisten auf newsroom.de
Jobbörse für Redakteure und Journalisten (Schwerpunkt Print)
Nachhaltige Jobs (auch NGOs)
NGO-Jobs in Österreich und in der Schweiz
Grüne Jobs
Jobs in Politik und Kommunikation / Public Affairs

1 Kommentar. Hinterlasse eine Antwort

  • Sehr ausführlich… 🙂
    Wahrscheinlich geht es den meisten Geisteswissenschaftlern so. Man konkurriert einerseits mit Naturwissenschaftlern und andererseits auch noch mit kaufmännischen Berufen.
    Beste Grüße aus Hannover,
    sozio:pilot
    Freie Soziologin & Bewerbungscoach

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