Ich bin ein Bogenschreiber. Manchmal aber auch ein Girlandenschreiber. Überwiegend aber ein Tastaturschreiber. Was sagt das über mich aus, und wollen Sie mich dann noch anstellen?
Die ZEIT stellte den Graphologen als „Beruf der Woche“ vor, und vermerkt: „Ein abgeschlossenes geisteswissenschaftliches Studium […] ist eine gute Voraussetzung.“
Wenn Sie in die Kommentare zum Artikel schauen, lesen Sie allerhand Kritik und ein Inzweifelziehen der Seriösität dieser Dienstleistung. Sie wird z. B. im Personalbereich angefragt, um Aussagen über Jobkandidaten jenseits der Oberfläche zu bekommen. Ich weiß auch nicht, ob ich das wirklich gut finde; ich schreibe in unterschiedlichen Zusammenhängen sehr verschieden, und wie erst das Schreibgerät meine Schrift formt, und, wie ich erstmals bei Nietzsche las, darüber hinaus auch meine Gedanken …
Überzeugend finde ich allerdings das Zitat des Graphologen Helmut Ploog: „Denn es ist oft so, dass ein Bewerber aufgrund seiner Qualifikationen eingestellt, aber aufgrund seiner Persönlichkeit wieder entlassen wird.“ Ganz unabhängig von der Handschrift.
Also sei zusammengefasst: Es gibt GeisteswissenschaftlerInnen, die als GraphologInnen arbeiten. Zumeist haben sie nach dem Studium eine einschlägige Zusatzausbildung durchlaufen und arbeiten freiberuflich. Charakteristisch scheint auch, dass sie sich ungern im Netz zeigen; über die Berufsverbände kommt man jedenfalls eher an postalische Adressen als an Webpräsenzen. Zu jener Minderheit zählt – damit Sie ein Beispiel haben – Sulamith Samuleit.
Links
http://www.graphologie.de/ (Berufsverband)
http://www.dgv-graphologie.de/schrift03.html

Friedrich Nietzsche, Schreibmaschinentexte. Vollständige Edition. Faksimiles und kritischer Kommentar, hg. v. Stephan Günzel und Rüdiger Schmidt-Grépály, zweite, verbesserte Auflage, miteinem Nachwort zur zweiten Auflage von Friedrich Kittler, Weimar 2003

 
 
 

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