Die zweite aufgelistete Teilbranche der am vergangenen Donnerstag thematisierten Kreativwirtschaft ist der Buchmarkt. Dazu gibt es natürlich reichlich Material; auf Berufenet können Sie sich einen Überblick über Berufe mit Büchern verschaffen, beim Börsenverein des deutschen Buchhandels finden Sie umfangreiche Brancheninfo, BuchMarkt ist ein “Ideenmagazin für den Buchhandel”, und ich selbst habe sowohl in “Berufe für Historiker” als auch in diesem Blog bereits einige Hinweise für das Arbeiten mit Büchern gegeben.
Daher habe ich mich für zwei Schwerpunkte entschieden, von denen ich heute “Buchjobs” und Internet und in den nächsten Tagen Nischen und Kleinverlage anrecherchieren werde. Ich erinnerte mich, ein hilfreiches Buch erworben zu haben, das mir zum Einstieg helfen kann:

Marjorie Eberts/ Margaret Gisler: McGraw-Hill’s Careers for Bookworms & Other Literary Types, New York u.a. (4)2008.

Zwar berichten die Autorinnen aus Nordamerika, aber genau darin liegt die Bereicherung für die etwas schwerfällige und mitunter konservative deutschsprachige Buchbranche, die zumindest in den Leitmedien chronisch den Untergang des Abendlandes befürchtet. Zudem finden sich darin Anregungen und Berichte, einmal unerwartetes Terrain zu betreten; wussten Sie, dass einige Zoos Bibliotheken unterhalten, der Leipziger Zoo gar mit historischem Bestand, und dass diese mitunter von Bibliothekaren geführt werden? Nun, da ich es schrieb, finde ich es natürlich selbstverständlich, doch noch vor 30 Minuten wäre ich nicht auf die Idee gekommen, in einem Zoo nach fachaffinen Tätigkeiten zu suchen. Oh, Sie sehen, der amerikanische Sprachduktus färbt ab.
Ein schönes Homonym gab mir zuerst zu denken: Sie könnten als “Indexer” arbeiten. Da bei den Katholiken nur noch Opus Dei (zumindest offziell) einen Index Librorum Prohibitorum führt, sind hier die Karrierechancen recht eingeschränkt. Auch die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien ist mit nur 17 MitarbeiterInnen recht übersichtlich ausgestattet; im Fokus stehen zudem derzeit weniger Bücher als Computerspiele und Hip Hop. Und auch die Freiwillige Selbstkontrolle der Filmindustrie scheidet per definitionem aus – doch sei erwähnt, dass dort Geisteswissenschaftler tätig sind, laut Profilen mit pädagogischen oder psychologischen Studieninhalten oder Lehramtserfahrung. Fazit: Falls Sie davon träumen, ihr Geld mit dem Verbot von Büchern zu verdienen, sind die Aussichten eher mau. Wesentlich besser stehen sie, wenn Sie launige Verschwörungstheorien zu geheimen Verbotsindices verfassen.
Tatsächlich planbare Karrieren bieten sich mit der zweiten Wortbedeutung des “Indexers” an: Indexer verfassen, vereinfacht gesagt, Register, z. B. für Bücher, aber auch z. B. für Suchmaschinen. Wie anspruchsvoll diese Tätigkeit ist, geht aus den einführenden Texten “Was ist Indexing” und “Welche Registerarten gibt es” des Deutschen Netzwerks der Indexer hervor. Ich zitiere von ebenjener Seite: “Indexieren ist laut Fugmann (1999, S. 216) ein “zweistufiger Prozess für
a) das Erkennen der (wiederauffindbar zu machenden) Essenz eines Textes und
b) das Wiedergeben dieser Essenz in einer ausreichend gut voraussehbaren und ausreichend wiedergabetreuen, d. h. indexsprachigen Form“. Dabei komme es auf Analyse, Einfühlungsgabe und Detailtreue an. Die rein mechanischen Aspekte des Indexing übernehmen inzwischen insbesondere beim Buchregister Softwares,  die intellektuelle Tätigkeit bleibt den entsprechenden Spezialisten vorbehalten. Sie können sich durch die Mitglieder des DNI klicken, um Karrierewege nachzuvollziehen. Dr. Florian Ehrensberger etwa studierte Philosophie, Germanistik und Linguistik, und auch bei ihm sehen Sie  amerikanische Bezüge. Die meisten Indexer arbeiten freiberuflich.
Hier finden Sie eine Beschreibung für das Indexieren bei Crawler Suchmaschinen und die Aufgabe der Indexer, das menschliche Wissen quasi zurückzuübersetzen in “extrahierte Information”, etwa mittels Verschlagwortung.
Ebenfalls um das Ordnen und Zugänglichmachen von buchbezogenen Daten kümmern sich Online-Dienstleistungen rund um Buchkataloge. LibraryThing, eine Kombination aus Metakatalog, Katalogsoftware und social web wurde 2005 von Tim Spalding gegründet. Er hat einen Master in Latein und Griechisch, brach die Promotion ab und konnte dieses Projekt dank seines Hintergrunds als web-Entwickler realisieren. Es gibt weitere Katalog-Software-Dienstleister, etwa allegro-c an der UB Braunschweig. Wenn Sie allerdings nach Stellenausschreibungen für Katalogisierer in Deutschland suchen, treffen Sie meist auf solche für Bibliothekarinnen mit entsprechender Zusatzspezialisierung. Doch es gibt auch einige Beispiele für Unternehmer, die sich darauf spezialisiert haben, Privatbibliotheken einzurichten (nicht nur online), etwa den Sozialwissenschaftler Gerald Willms in Göttingen – auf seiner Website sehen Sie auch, dass zu seinem Angebot Mobiliar und Raumplanung gehören.
[Update 12.12.12] Da habe ich doch glatt vergessen, etwas Ihnen vermutlich Vertrautes zu erwähnen: Im akademischen Umfeld haben Sie als Literaturverwaltungsprogramm wohl eher mit citavi zu tun, da Campuslizenzen vergeben wurden. Die meisten Bibliotheken bieten Nutzerschulungen – Sie werden den unmittelbaren praktischen Nutzen bei der ersten Hausarbeit erkennen, bei der Sie nicht die zitierten Titel abtippen müssen. Daher sei auch die online verfügbare anwendungsorientierte Einführung empfohlen:

Isabella Ettner, Konstanze Söllner (LMU München Universitätsbibliothek): Nie wieder abtippen! Der richtige Umgang mit Literaturverwaltungsprogrammen [Ende]

Bestimmt sind Sie für Hausarbeitsrecherchen schon über die eBook-Bibliotheken Project Gutenberg und Projekt Gutenberg-DE gestolpert. Beide Projekte werden von je einem Team betreut und appellieren an freiwillige Helfer, zu rezensieren, bei der Edition zu unterstützen, zu korrigieren oder Werke einzusenden. Zumindest Erfahrung sammeln können Sie folglich bei der Initiative Gemeinsam an Gutenberg arbeiten, die Ihnen vermutlich bei der Suche nach einer Tatigkeit in online-Verlagen oder Textprojekten zugute kommt.
Apropos online-Verlage: Diese sind weniger eindeutig zu fassen als der Begriff suggeriert. Natürlich haben große Publikums- und Wissenschaftsverlage inzwischen auch online-Sparten, in denen sie Ebooks, Software und Ergänzungsprodukte anbieten (und die von entsprechenden Lektoren betreut werden). Es gibt aber auch Verlage, die sich allein auf online-Dienstleistungen spezialisiert haben bzw. eine Vermittlerrolle übernehmen. Ein gutes Beispiel ist die Schmökerstube, denn sie zeigt Ihnen Tendenzen auf dem Buchmarkt (Segmentierung der Tätigkeiten, Vervielfachung der Akteure, Gewinn mit Dienstleistungen statt mit Produkten): Autoren senden ein Manuskript ein, der Verlag wandelt es in ein eBook um, das kostenlos angeboten wird, “analoge” Verlage können die Rechte an dem eBook kaufen und ein “richtiges Buch” daraus machen. Wenn ich es richtig verstanden habe, verdient die Schmökerstube einerseits an den Dienstleistungen für Autoren und andererseits an den Vermittlungsprovisionen, falls ein Vertrag mit einem anderen Verlag zustande kommt.
Die Tätigkeiten im Internet setzen Anwenderkenntnisse in entsprechender Software voraus – das ist mit etwas Talent und Disziplin durchaus autodidaktisch zu leisten. Falls Sie sich dies nicht zutrauen, sollten Sie eine andere Voraussetzung erfüllen: Fähigkeit zum social networking on- und offline. Dann könnten Sie nämlich jemanden bitten, Ihnen weiterzuhelfen und eines Tages einen Weg finden, sich zu revanchieren. Eine sinnvolle Überlegung zur Identifikation eines Startpunktes fand ich bei Tim Spalding, dem bereits erwähnten Gründer von LibraryThing: Denken Sie an etwas Kleines, das das Netz nutzt, um dem Lesen, Schreiben, Veröffentlichen und Verkaufen von Büchern einen Mehrwert zu verschaffen (in Eberts/Gisler 2008, 87).
Nun, wo ich es schrieb, ist es wieder so selbstverständlich. Jeff Bezos hat auch nichts anderes getan. Seine Firma heißt amazon.

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