Buchhändler*in ist nicht unmittelbar ein Beruf für Geistes- und Kulturwissenschaftler*innen. Der übliche Weg ist eine Ausbildung. In Deutschland gilt grundsätzlich Gewerbefreiheit. Der Buchhandel fällt nicht unter die erlaubnispflichtigen Gewerbe oder die Meisterpflicht fällt, die die Gewerbefreiheit einschränken (§§30ff GewO). Darum können auch Geistes- und Kulturwissenschaftler*innen on- und offline mit Büchern handeln, eine Buchhandlung eröffnen oder sich um eine Anstellung in einer bestehenden Buchhandlung bewerben. Da viele Absolvent*innen eine hohe Affinität zu Büchern haben, ist aus einer sozialen Perspektive eine Entscheidung für den Buchhandel nicht fachfremd. Darüber hinaus können natürlich auch spezialisierte Studiengänge rund ums Buch absolviert werden.

Aus- und Weiterbildung

Für die „berufliche Handlungsfähigkeit“ benötigen Sie allerdings viele Kenntnisse, die nicht Gegenstand des Studiums sind und auf anderen Wegen erworben werden müssen. Dazu gehören u.a. Warenwirtschaft, Buchhändlerische Fachinformation und Rechtsgrundlagen, Vertrieb, E-Business oder die Gestaltung einer spezifischen Warengruppe. Die Ausbildungsinhalte folgen drei großen Bereichen:

  1. Sortiment (das sind u.a. die Buchhandlungen, die Sie betreten können: die kleine, inhabergeführte ebenso wie die große Kettenfiliale),
  2. Antiquariat und
  3. Verlagsbuchhandel.

Sie können den Ausbildungsrahmenplan samt Berufsbild hier nachlesen und abgleichen, welche Inhalte Ihnen neu sind. Auf der Grundlage können Sie überlegen, woher Sie die fehlenden Kenntnisse bekommen. Sie könnten eine Ausbildung anhängen oder dem Studium voranstellen. Sie könnten sich auch zum Quereinstieg informieren. Manche Buchhandelslaufbahnen beginnen mit einer Tätigkeit als Aushilfe, und dann bleibt man “hängen”. Sie könnten sich auch gezielt weiterbilden, z.B. über den Börsenverein des deutschen Buchhandels und seine regionalen Vertretungen.

Berufs- und Branchenbild

Ich komme zu diesem Artikel über ein romantisches Bild vom Buchhandel. Ach, es wäre doch schön, eine kleine, feine Buchhandlung zu haben, vielleicht mit einer Café-Ecke; ein Treffpunkt für Buchliebhaber. Ein Refugium für akademische Mütter mit kleinen Kindern, die hier die Möglichkeit hätten, sich auszutauschen und zu vernetzen. Ein Ort für aufstrebende und etablierte Buchschaffende… Vielleicht haben Sie ein ähnliches Bild im Kopf. Lesen Sie z.B. Petra Hartlieb: Meine wundervolle Buchhandlung – die Lektüre dieses Buchs war ein Anlass zu diesem Artikel. Petra Hartlieb hat Psychologie und Geschichte studiert und anschließend als Pressefrau und Literaturkritikerin gearbeitet. Sehen Sie sich in Ihrer eigenen Stadt um; Sie werden in irgendeiner Buchhandlung (falls es noch eine gibt) sicherlich irgendjemanden finden, die/der ein geisteswissenschaftliches Fach studiert hat. Der oder die wird Ihnen vielleicht auch schnell den romantischen Blick trüben, denn natürlich leidet der Buchhandel wie auch die gesamte Buchbranche seit Jahren unter wirtschaftlichem Druck und Kulturpessimismus.

Dynamik und Veränderung

„Amazon“, denken Sie jetzt vielleicht, und natürlich gehört amazon zu den Auslösern von Veränderungen. Vor allem aber ist es ein Symbol für Bequemlichkeiten, für Plattformkapitalismus, für dessen Disruptionseffekte und für digitale Ergänzungsprodukte. Doch auch andere Bereiche setzen den Buchhandel unter Druck und erschweren berufliche Perspektiven bzw. Klarheit über Tätigkeiten, Zugangswege und individuelle Passgenauigkeit. Der Verlagsbuchhandel, also der Direktabsatz der Verlage an Endkunden wächst ebenfalls dank eCommerce. Gleiches gilt für Veränderungen im (modernen) Antiquariat, hier dem Handel mit gebrauchten Büchern, der in den vergangenen Jahren zunehmend von Privatleuten und Zwischenhändlern wie momox ausgeübt wurde. Klassische Antiquar*innen benötigen neue Kompetenzen und Geschäftsmodelle.  Der Veränderungsprozess ist nicht nur von Haltungen und digitalen Anpassungen geprägt, sondern unterliegt allgemeinen kulturellen Veränderungen. Zu ihnen gehört die zunehmende Kleinteiligkeit, die Logistikkosten steigen lässt, wirtschaftlicher Druck durch Mitbewerber auch im semiprofessionellen Bereich, Inflation und steigende Preise, Zeitdruck und Produktkonkurrenz. In der ersten Jahreshälfte waren diese Faktoren z. B. an der Insolvenz des großen Zwischenbuchhändlers KNV abzulesen.

Letztlich lassen sich diese Veränderungen im Buchmarkt, die die erwähnte romantische Perspektive schwinden lassen, auch positiv deuten. Denn natürlich schafft amazon auch Arbeitsplätze, auch für Geisteswissenschaftler*innen oder Quereinsteigende. Aber amazon ist keine kleine Buchhandlung mit Café und sozialem Treffpunkt für Gleichdenkende, sondern bietet einen PC-Arbeitsplatz in einem Konzern. Weiterhin gibt es natürlich die Möglichkeit, einen online-Buchhandel zu eröffnen oder eine eigene Plattform zu schaffen, die virtuelle Angebote für die Bedürfnisse schafft, die der kleine Laden mit Treffpunkt bediente. Insbesondere im ländlichen Raum ist es jetzt schon häufig leichter, digitale Medien zu nutzen als einen Buchladen in akzeptabler Nähe zu finden, geschweige denn Lesungen, Literaturfestivals, Bildungs- und soziale Angebote oder überhaupt einen öffentlichen Diskurs rund um Bücher.

Was begeistert Sie?

Falls Sie sich also für den Buchhandel interessieren und sich vorstellen können, als Absolvent*in quereinzusteigen, scheint es sinnvoll, sich mit der Frage zu beschäftigen, was Sie am Buchhandel begeistert. Können Sie dieser Begeisterung in einer inhabergeführten Buchhandlung nachgehen, in einer Kette oder bei einem Konzern, eventuell auch ohne direkten Leser*innenkontakt wie im Zwischenbuchhandel? Vielleicht finden Sie ja auch gerade die digitalen Veränderungen spannend und haben Lust, mitzugestalten, sich einzulassen, Neues zu entwickeln – dann suchen Sie nach diesen Nischen. Vielleicht geht es auch gar nicht um ein ganzes Berufsleben, sondern um eine temporäre „Beschäftigung“ – dann setzen Sie sich doch auf die Warteliste, um eine Woche lang Buchhändlerin im B&B Open Book in Wigtown zu sein.

Links

Existenzgründung im Buchhandel: https://www.boersenverein.de/de/portal/Existenzgruendung/174256

https://www.boersenverein.de/de/portal/Bildung_und_Beruf/185132

https://www.boersenverein.de/de/portal/Jobboerse/158431

Lehrstelle finden: Über die Betriebe oder die regionalen IHK-Lehrstellenbörsen.

Quereinstieg

Referenzen:

Petra Hartlieb: Meine wundervolle Buchhandlung, Köln 2014, 5. Auflage 2018

https://www.deutschlandfunkkultur.de/verlagsbranche-im-wandel-bleibt-das-buch-auf-der-strecke.976.de.html?dram:article_id=415471

Du musst angemeldet sein, um einen Kommentar abzugeben.
Menü