Erfolgreicher Wechsel für Projektkoordinator:innen: So nutzt Ihr Hochschulerfahrung für die freie Wirtschaft
Projektkoordinator:innen in Hochschulen tragen täglich zur erfolgreichen Umsetzung komplexer Forschungs- und Entwicklungsprojekte bei. Sie koordinieren interdisziplinäre Teams, halten den formalen Rahmen und stehen im Zentrum der projektinternen Kommunikation. Doch obwohl das Wissenschaftsmanagement insgesamt mehr unbefristete Stellen bereithält als die wissenschaftliche Laufbahn, sind viele von ihnen aufgrund der Projektstuktur eben doch sachgrundbefristet. Also stehen sie früher oder später vor der Frage, ob ihre Kompetenzen aus der Hochschule auf Bereiche außerhalb der akademischen Welt zu übertragen sind. Oft haben sie keine formale Projektmanagement-Zertifizierung, wie sie in der freien Wirtschaft üblich ist, aber sie verfügen über wertvolle, transferierbare Kompetenzen und Erfahrung in der Projektarbeit. Wie können sie sich gut in einem neuen Berufsfeld positionieren und ihre Karriere erfolgreich fortsetzen?
In diesem Beitrag möchte ich Euch konkrete Strategien und Beispiele an die Hand geben, wie Ihr Eure Projektmanagement-Skills und Erfahrungen aus der Hochschule erfolgreich in die freie Wirtschaft übertragen können. Zudem werde ich darauf eingehen, wie Ihr potenzielle Vorurteile proaktiv entkräften könnt.
Die Macht der transferierbaren Kompetenzen: Warum Hochschulerfahrung zählt
Die Projektkoordination in Hochschulen braucht ein breites Spektrum an Fähigkeiten, die in der freien Wirtschaft gefragt sind: Sie führt Projekte mit begrenzten Mitteln, eigenwilligen Teammitgliedern und oft komplexen Anforderungen zum Erfolg. Auch wenn der Begriff „öffentlicher Dienst“ manchmal Vorbehalte auslöst, bieten Hochschulprojekte gar nicht so selten vergleichbare Herausforderungen wie Unternehmensprojekte: knappe Budgets, strenge Zeitpläne, hängende Kommunikation.
Hier sind einige Beispiele für transferfähige Kompetenzen und wie Ihr diese in Bewerbungen oder Vorstellungsgesprächen betonen können:
- Zeit- und Ressourcenmanagement
In Hochschulen laufen Projekte häufig über mehrere Jahre hinweg. Die Koordination muss sicherstellen, dass strikte Fristen und formale Vorgaben eingehalten werden, etwa um Fördergelder nicht zu verlieren. Sie sind geübt darin, langfristige Zeitpläne zu erstellen und dabei sowohl tägliche Aufgaben als auch langfristige Ziele im Blick zu behalten.
Beispiel in der Bewerbung:
„In meiner Rolle als Projektkoordinatorin für Drittmittelprojekte habe ich erfolgreich mehrjährige Projektpläne erstellt, regelmäßig Fortschrittsberichte geliefert und sichergestellt, dass alle Meilensteine innerhalb der vorgegebenen Zeit und Budgetgrenzen erreicht wurden. Dies war besonders wichtig, um die weitere Förderung zu gewährleisten.“ - Kommunikations- und Verhandlungskompetenzen
Wenn es in Projekten knirscht, hängt es sehr oft an der Kommunikation. Die Informationsflüsse sind gestört, relevantes Wissen wird nicht zeitig weitergegeben, es ist unklar, wer wie eingebunden werden muss, will und darf. Die Projektkoordinationen stehen dabei meist im Zentrum der Kommunikationswege und arbeiten nicht nur mit dem Team, sondern auch mit externen Partnern zusammen. Diese Fähigkeit, effektiv und systematisch zwischen verschiedenen Interessen zu vermitteln, ist in der freien Wirtschaft ebenso wertvoll.
Beispiel:
„Ich habe die Zusammenarbeit zwischen einer Forschungsgruppe und externen Partnern koordiniert und sicherstellt, dass sowohl akademische als auch wirtschaftliche Zielvorgaben eingehalten wurden. Dabei war ich maßgeblich an der Verhandlung und erfolgreichen Implementierung von Kooperationsverträgen beteiligt.“ - Budgetplanung und Finanzmanagement
Wir reden üblicherweise ja nicht über Geld. Aber tatsächlich nehmen Planung, Verwaltung und Controlling von Drittmitteln einen hohen Anteil der Arbeitszeit der Projektkoordination ein. Auch wenn dies häufig innerhalb starrer Förderbedingungen und nicht in Gewinnerziehungsabsicht geschieht, haben Projektkoordinatoren oft Freiheiten, Prioritäten neu zu setzen und Mittel effizient einzusetzen.
Beispiel:
„Im Rahmen eines umfangreichen Drittmittelprojekts war ich verantwortlich für die Budgetplanung und habe erfolgreich Prioritäten gesetzt, um sicherzustellen, dass alle Projektziele erreicht wurden.“ - Krisenmanagement und Anpassungsfähigkeit
Hochschulprojekte verlaufen selten reibungslos. Unvorhergesehene Personalwechsel, Änderungen in der Zielsetzung oder das allgemeine Forschungsrisiko, dass Hypothesen eben nicht bestätigt werden können, sind keine Seltenheit. Projektkoordinator:innen müssen flexibel auf solche Veränderungen reagieren und gleichzeitig die langfristigen Ziele des Projekts im Blick behalten.
Beispiel:
„Während unserer Projektlaufzeit erlitt das Team mehrfach unerwartete Personalverluste und -wechsel. Ich habe schnell die Aufgaben neu verteilt und den Zeitplan angepasst, sodass wir das Projekt trotzdem erfolgreich zum Abschluss bringen konnten.“
Umgang mit Vorurteilen: „Zu langsam, zu starr, zu sehr auf Hierarchien fokussiert?“
Viele Unternehmen haben Vorurteile gegenüber Bewerber:innen aus dem öffentlichen Dienst: an starre Prozesse gewöhnt, unflexibel, ohne Eigeninitiative, ohne wirtschaftliches Grundverständnis. Doch diese Annahmen sind oft unberechtigt, und Ihr könnt proaktiv gegensteuern.
1. Zeigt Agilität und Anpassungsfähigkeit
Die Fähigkeit, sich auf sich ändernde Bedingungen einzustellen, ist im Projektmanagement entscheidend. Betonet Eure Erfahrung mit der Anpassung von Zeitplänen, Budgets und Zielen bei unvorhergesehenen Änderungen.
Beispiel:
„In meiner bisherigen Tätigkeit als Projektkoordinatorin war ich häufig mit kurzfristigen Änderungen in der Personalstruktur oder neuen wissenschaftlichen Entwicklungen konfrontiert. Dank meines agilen Managementansatzes konnte ich in diesen Fällen schnell neue Strategien entwickeln und sicherstellen, dass das Projekt weiterhin effizient vorangetrieben wurde.“
2. Betont Eigeninitiative und Lösungsorientierung
Zeigt, dass Ihr nicht nur Aufgaben ausgeführt, sondern aktiv zum Erfolg der Projekte beigetragen habt, indem Ihr eigenständig Lösungen gefunden und Prozesse optimiert habt.
Beispiel:
„Um die Effizienz unseres Projektmanagements zu steigern, habe ich proaktiv ein neues Kommunikationstool eingeführt, das die Zusammenarbeit zwischen den Teammitgliedern erheblich verbessert hat. Dadurch konnten wir unsere wöchentlichen Meetings um 30 % verkürzen und die Zeit für die Erledigung von Aufgaben optimieren.“
3. Kommunikationsstärke und Verhandlungsgeschick hervorheben
Die Arbeit in Hochschulen erfordert häufig das Navigieren durch komplexe formelle und informelle Kommunikationsstrukturen. Nutzt Beispiele, um zu zeigen, dass Ihr erfolgreich zwischen verschiedenen Interessengruppen vermitteln könnt.
Beispiel:
„Als Schnittstelle zwischen Forschern, Verwaltung und externen Partnern habe ich regelmäßig dafür gesorgt, dass alle Beteiligten auf dem gleichen Stand sind. Besonders in anspruchsvollen Verhandlungen habe ich immer eine Balance zwischen inhaltlichen und prozessbezogenen Interessen gefunden.“
Wie Projektkoordinator:innen von Weiterbildungen profitieren können
Obwohl Hochschulerfahrung wertvoll ist, kann es helfen, formale Weiterbildungen im Projektmanagement zu absolvieren, um das Vertrauen von Arbeitgebern zu stärken. Ich würde jedoch abwägen, denn diese Zertifizierungen dauern oft länger, als die Wechselzeit ist, und die Hochschulen als aktuelle Arbeitgeberin sind meist nicht bereit, sie zu bezahlen. Zertifizierungen wie PRINCE2, PMP oder Scrum sind branchenübergreifend relevant und bietet eine zusätzliche Qualifikation, die im Lebenslauf und in Vorstellungsgesprächen gut ankommen kann. Eine Alternative sind „kleinere“ Weiterbildungen, die sich auf Teilaspekte des Projektmanagements beziehen, etwa Zeitmanagement, Konfliktlösung, Fördermittelmanagement oder Kurse für projektbezogene Softwarelösungen wie MS Project.
Fazit: Selbstbewusst den Wechsel angehen
Auch ohne formale Zertifikate im Projektmanagement haben Projektkoordinator:innen aus Hochschulen viel zu bieten. Ihre Erfahrung mit komplexen, interdisziplinären Projekten, begrenzten Budgets und anspruchsvollen Zeitplänen – selbst dann, wenn sie überwiegend intuitiv erworben wurde – ist für viele Anforderungen der freien Wirtschaft übertragbar. Der Schlüssel zum Erfolg liegt darin, die Kompetenzen klar zu benennen und typische Vorurteile gezielt zu entkräften. Reflektiert und kommuniziert Eure Fähigkeiten und Erfahrungen, um potenzielle Arbeitgeber davon zu überzeugen, dass Ihr in einem dynamischen Umfeld erfolgreich arbeiten könnt – und bereit sind, den Wechsel wirklich anzugehen.