Weiterbildungen und Zertifizierungen Projektmanagement

Wenn Ihr die unsere Stellenauslesen der letzten Wochen verfolgt habt, wird Euch aufgefallen sein, dass sich die Anzahl der Ausschreibungen für Projektmanagement – entweder explizit bereits in der Überschrift oder als eine der erstgenannten Aufgaben – in den letzten Monaten deutlich erhöht hat. Dabei ist die Branche relativ unerheblich – Projektmanagement wird sowohl für die Wissenschaft und die Hochschulverwaltungen als auch für öffentliche Kulturträger, für die Kulturwirtschaft, für das Bildungswesen und die Verwaltungen gesucht, also eigentlich für alle Bereiche, die für uns einschlägig sind.

Und Mareike hat in ihren Workshops erlebt, dass diese Beobachtung bei den Teilnehmer*innen zu Verunsicherung führt. Denn im Studium gibt es in der Regel kein Modul, das in das Projektmanagement einführt, und auch die Praktika sind häufig so beschaffen, dass es nur Berührungspunkte mit Projektmanagement gibt – falls überhaupt gerade ein Projekt im Raum steht, das es zu managen gilt. Darum fasst der Blogbeitrag zusammen:

  1. Was ist üblicherweise gemeint, wenn in Ausschreibungen, die auch Geisteswissenschaftler*innen adressieren, von „Projektmanagement“ die Rede ist?
  2. Was sollte ich mitbringen und vorweisen, wenn ich mich auf eine solche Stelle bewerbe?
  3. Welche Fort- und Weiterbildungen gibt es und sind sie sinnvoll?

  1. Was ist üblicherweise gemeint, wenn in Ausschreibungen, die auch Geisteswissenschaftler*innen adressieren, von „Projektmanagement“ die Rede ist?

Projekte sind in typischen Arbeitsumgebungen von Geistes- und Kulturwissenschaftler*innen zeitlich, thematisch und finanziell begrenzte Vorhaben, die eine eigene Organisation aufweisen. Diese Organisation kann sowohl innerhalb von Abteilungen und Themenfeldern liegen als auch interdisziplinär, abteilungs- oder einrichtungsübergreifend angelegt sein. Entsprechend sind sie unterschiedlich komplex. Kleinere Projekte sind z.B. die Redaktion einer Festschrift oder die Planung und Durchführung einer Summer School. Diese Projekte werden durchaus für Absolvent*innen ausgeschrieben. Mittlere Projekte können z.B. die Planung und Durchführung eines Universitätsjubiläums, die Implementierung eines neuen (digitaler) Arbeitsprozesses oder eines Fortbildungsprogramms über mehrere Semester sein. Für diese Art von Projekten werden Absolvent*innen eher als Mitarbeitende gesucht; die Leitung setzt Projekterfahrung voraus, z.B. eben jene Mitarbeit oder eigenverantwortliche Projektdurchführung eines kleineren Auftrags als Absolvent*in. Große Projekte z.B. die Koordination von einzelnen Projekten in einem Verbund über mehrere Jahre oder der Aufbau neuer Abteilungen, Forschungseinrichtungen oder Change Prozesse. Auch für große Projekte finden wir die Mitarbeit für Absolvent*innen ausgeschrieben; für die Leitung wird meist sowohl Projekt- als auch Führungserfahrung gewünscht. Diese Beispiele sind Ausschreibungen entnommen und dienen zur Orientierung; was genau „klein“ und „groß“ in der Projektwelt ist, hängt letztlich auch vom Umfeld ab, in dem das Projekt angesiedelt ist.

In vielen Projekten sind Stellen für studentische Mitarbeitende oder Werkstudierende ausgeschrieben, sodass die erste einschlägige Erfahrung in diesem Rahmen gesammelt werden kann. So könnte sich also eine Musterlaufbahn folgendermaßen darstellen:

  • während des Studiums und in der Abschlussphase: studentische Mitarbeit in einem Projekt (anschließend: „erste einschlägige Projekterfahrung“)
  • nach dem Abschluss: Übernahme eines kleinen Projekts oder Mitarbeit in einem mittleren oder großen Projekt (anschließend: „einschlägige Berufserfahrung“)
  • nach ca. 3 Jahren: Übernahme eines mittleren Projekts oder Teilprojektverantwortung in einem großen Projekt (anschließend: „vertiefte/mehrjährige Berufserfahrung“)
  • nach ca. 5-8 Jahren: Projektleitung von großen Projekten (anschließend: „umfassende mehrjährige Berufs- und Führungserfahrung“)

Das Projektmanagement umfasst nun nicht die inhaltliche Mitarbeit in einem Projekt (das wären z.B. Ausschreibungen für wissenschaftliche Mitarbeitende, worauf wir mit unseren Fachstudien in der Regel gut vorbereitet sind), sondern im Wesentlichen die Steuerung und Organisation des Projekts sowie Kommunikation nach Innen und Außen. Auf diese Aufgaben sind wir in der Regel mit dem Fachstudium nicht vorbereitet. Was uns aber hilft, ist eine gewisse Intuition, Talent , Lern- und Transferfähigkeit: Wenn wir im Studium, im Ehrenamt, im Nebenjob oder in der Übergangszeit zwischen Studium und Beruf schon an Projekten beteiligt waren, und sei es, dass wir eine empirische Abschlussarbeit geschrieben haben, die einen hohen Koordinationsaufwand mit sich brachte, dann ist diese Mischung aus Erfahrung, Intuition, Lern- und Transferfähigkeit für Projekte in Kultur, Wissenschaft und Bildung häufig passend. Hinzukommen können spezifische Programme, etwa zur internen Kommunikation und Dokumentation sowie Datenbanken oder Portale. Denn viele Projekte werden in diesen Arbeitsbereichen auch als Führungskraft mit genau dieser Mischung geleitet. Spezifische Kenntnisse, etwa zur Aufgabenbeschreibung, zum Ressourcenmanagement, zur Qualitätssicherung und Evaluation, letztlich natürlich auch zur Budgetverwaltung und ggf. zu rechtlichen Fragen werden parallel zu den ersten Projekten mal systematisch, mal durch Beobachtung und Nachahmung erworben oder durch die Zusammenarbeit mit anderen Abteilungen entlastet. Damit unterscheidet sich Projektmanagement in Arbeitsbereichen von Geisteswissenschaftler*innen wesentlich vom Projektmanagement in der Industrie oder IT.


2. Was sollte ich mitbringen und vorweisen, wenn ich mich auf eine solche Stelle bewerbe?

Erste Projekterfahrung. Dazu kannst Du die Projekte, in denen Du mitarbeitet hast, listen und Deine Rolle und Aufgabe innerhalb des Projekts sowie Merkmale der Organisation (z.B. Zielsetzung, Zeitrahmen, Vorgehensweise, Zahl der Mitarbeitenden, Stakeholder/Kooperationspartner, Ergebnis) benennen. Hier merkst Du schon, wie vertraut Du mit der Nomenklatur im Projektmanagement bist.

Ggf. bietet es sich an, ein Projekt, an dem Du mitgewirkt hast, einmal zu analysieren und zu klären, welche fachlichen Aspekte des Projektmanagements – und nicht nur der inhaltlichen Arbeit – Du gut erkennen kannst und zu welchen Du Dir Grundwissen aneignen solltest. Denn ebenso, wie wissenschaftliche Arbeiten ihre Methoden haben – ganz grob etwa empirisch oder hermeneutisch -, so gibt es auch unterschiedliche Vorgehensweisen in Projekten – ganz grob etwa klassisch, agil oder hybrid. Und ebenso, wie wissenschaftliche Hausarbeiten eine verbindliche formale Struktur aufweisen – etwa die differenzierte Gliederung und die Arbeit mit Fußnoten –, so haben auch Projekte eine verbindliche Struktur – etwa in den Standardprozessen und den zu nutzenden Formularen, Anträgen und Visualisierungen. Bei der Analyse und Strukturierung können Dir folgende Bücher weiterhelfen:

  • Conny Lang / Marita Schöps: Praxisleitfaden Projektmanagement: Tipps, Tools und Tricks aus der Praxis für die Praxis, 3. Auflage München 2022
  • Patrick Schmid: Erfolgreiches Projektmanagement: einfach – praktisch – agil. Nützliche Methoden für kleine und mittlere Projekte, Regensburg 2018
  • Jörg Glunde/ Lienhard Mack/ Michael Mohaupt/ Gereon Schüller (Hg.): Projektmanagement für Promovierende: Werkzeuge und Methoden für eine erfolgreiche Doktorarbeit, Berlin 2021

Weiterhin ist es sinnvoll, projekt- und projektmanagementspezifische Fort- und Weiterbildungen zu nennen, die während des Projekts stattfanden. Sie mögen im Projektalltag als banale Pflichten erschienen sein – hier eine Einführung in irgendein Verwaltungstool, da eine Schulung zur Arbeitssicherheit, hier ein Kurz-Workshop zu Outreach, da die Teilnahme an einem Produktlaunch eines Stakeholders, letztlich das ein oder andere Online-Tutorial zu Excel, Teams oder Insta-Marketing. Da Ihr als Absolvent*innen aber noch nicht mit so viel Projekterfahrung aufwarten könnt, halte ich es für sinnvoll, die Lernkurve sichtbar zu machen: Was habt Ihr in Euren Projekten gelernt, das ihr a) vorher nicht konntet oder wusstet und b) in der Zukunft – ggf. angepasst – im Projekt einsetzen könnt? Der letzte Punkt meint die schon im ersten Teil angesprochene Transferfähigkeit. Da nicht alle Projekte die gleichen Tools nutzen, geht es weniger darum, exakt das Tool zu kennen, das eingesetzt wird, sondern mehr darum, überhaupt mit Methoden und Tools gearbeitet zu haben, die eine rasche Einarbeitung in die spezifische Projektumgebung ermöglichen.


3. Welche Fort- und Weiterbildungen gibt es und sind sie sinnvoll?

Ich nehme den zweiten Teil der Frage vorweg: In noch keiner branchentypischen Ausschreibung für Projektmanagementstellen für Geistes- und Kulturwissenschaftler*innen habe ich bislang die Anforderung gesehen, es müsse eine Projektmanagement-Zertifizierung vorliegen. Insofern können Fort- und Weiterbildungen und Zertifizierungen dabei helfen
a) sich von Mitbewerber*innen abzuheben,
b) sich selbst eine größere Sicherheit und Professionalität anzueignen, sowie
c) sich einen zeitlichen und fachlichen Vorsprung zu verschaffen. Vielleicht wird es ähnlich wie beim Social-Media-Management; anfangs verlief viel intuitiv und erfahrungsbasiert, mit der Zeit kamen Systematisierung und Professionalisierung hinzu. Da derzeit die Nachfrage nach Kandidat*innen das Angebot übersteigt, sind die Anforderungen noch nicht so stark normiert. Das kann sich aber mit der Zeit ändern. Ein großer Weiterbildungsanbieter, der nicht nur Zertifizierungen anbietet, sondern auch Grundlagenseminare oder thematische Spezialisierungen, ist Projektmanagement-Weiterbildung: Seminare, Kurse, Events (projektmagazin.de), z.B. mit Praxisseminar für Projektmanagement-Einsteiger.  Auch die regionalen IHK bieten Einführungskurse, z. B. Onlinelehrgang zur Fachkraft für agiles Projektmanagement (IHK) – thekey.academy. In manchen Bundesländern, z.B. Brandenburg, gibt es „Digitalbildungszuschüsse“ zu Fortbildungen wie diesen. Auch Bildungsprämie und Bildungsscheck NRW — können die Kosten für Dich etwas erträglicher machen. Weitere Informationen: Projektmanagement-Zertifizierungen: Kosten, Anforderungen, Rezertifizierung (projektmagazin.de)

Ich hoffe, dies entlastet Dich von der Sorge, zeit- und kostenintensive Fortbildungen neben dem Studium zu besuchen, wenn Du „normale“ Ambitionen als Geisteswissenschaftler*in in typischen Branchen hast.

Anders kann es jedoch aussehen, wenn Du einen Umstieg planst und eben doch in die Industrie, die IT oder in Beratungsunternehmen als Projektmanager*in einsteigen willst, ohne dass die fachliche Herkunft noch eine Rolle spielt. Auch dann ist es nicht unbedingt erforderlich, durch die großen Zertifizierungen zu gehen; gerade beim Umstieg kann der Weg über ein Traineeprogramm effizient sein. Die zwei großen Anbieter sind:

1. die IPMA® mit der  GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e.V. (www.gpm-ipma.de). Für Studierende eignen sich zur Zertifizierung das Basislevel und das IPMA® Level D. Aufbauend auf Level D kann das Zertifikat hybrid+ erworben werden, das nachweist, dass Ihr klassische Techniken in ein agiles Umfeld integrieren könnt. Das Seminarangebot findet Ihr hier: Seminare & Workshops: GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V. (gpm-ipma.de)

2. Die PMI® ist in Deutschland in vier Chaptern organisiert, die auch Weiterbildungen und Zertifizierungen anbieten. Für Studierende und Promovierende eignet sich Certified Associate in Project Management | PMI. Die PMI bietet mehrere agile Weiterbildungen mit Zertifikat an: PMI Germany Chapter e.V. – Zertifizierung (pmi-gc.de). Unter den „Sponsoren“ findet Ihr auf der Website diejenigen Institute, die die Weiterbildungen nach PMI®-Standard mit Zertifizierungen durchführen.

Beide Verbände arbeiten mit Re-Zertifizierungen, d.h., dass die Zertifizierung nach 5 bzw. 3 Jahren verfällt. Als Weiterbildung bleibt sie im Lebenslauf stehen, aber die Signatur als „zertifiziert nach PMI/IPMA“ darf dann nicht mehr geführt werden.

Ein dritter Anbieter ist AXELOS Ltd., insbesondere in Großbritannien führender Standard und ursprünglich aus dem IT-Servicemanagement. Ich gehe darum hier nicht weiter darauf ein. Wenn Ihr Euch einlesen wollt, findet Ihr hier Informationen: PRINCE2 – Wikipedia und BPUG – Best Practice User Group Deutschland e.V. – Best Practices für meinen Projektalltag – PRINCE2 und mehr! (Interessensvertretung in Deutschland).

Referenzen und Weiterlesen:


Nun kannst Du Dich hoffentlich orientieren und bewerten, ob eine Bewerbung auf eine Ausschreibung im Projektmanagement für Dich sinnvoll ist.

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