Historiker:innen in der freien Wirtschaft

Die Frage, wie Historiker:innen in der freien Wirtschaft tätig bleiben können, ist heute aktueller denn je. Während sich die Grundtendenzen seit 2012 (Historische Unternehmenskommunikation – Brotgelehrte) erhalten haben, hat sich das Berufsfeld weiter ausdifferenziert und professionalisiert.

Neue und gewachsene Berufsfelder

1. Unternehmenskommunikation und History Marketing:

Historische Unternehmenskommunikation bleibt ein zentrales Feld. Viele Großunternehmen wie VW, Porsche und Mercedes-Benz verfügen weiterhin über eigene Abteilungen oder beauftragen externe Dienstleister, um ihre Geschichte für PR, Markenbildung und interne Kommunikation nutzbar zu machen. Die Zahl der Unternehmensmuseen und -archive ist gestiegen, und deren Aufgaben reichen heute von klassischer Ausstellungskonzeption bis zur digitalen Vermittlung.

2. Dienstleister und Agenturen:

Es gibt weiterhin spezialisierte Agenturen wie das Geschichtsbüro in Köln oder die Vergangenheitsagentur in Berlin. Neue Akteure sind hinzugekommen, und viele dieser Dienstleister bieten heute auch digitale Services an, etwa virtuelle Ausstellungen, Podcasts oder Social-Media-Kampagnen mit historischem Bezug.

3. Freelancing und Projektarbeit:

Viele Historiker:innen arbeiten freiberuflich, etwa als Autor:innen, Berater:innen oder Kurator:innen. Die Nachfrage nach flexiblen, projektbezogenen Leistungen wächst, insbesondere im Bereich Storytelling, Content Creation und Corporate Publishing.

Die Klassiker: Natürlich finden Historiker:innen weiterhin Anstellungen in Museen, Archiven und Stiftungen, zunehmend auch in interdisziplinären Teams, etwa für Provenienzforschung, digitale Sammlungen oder Bildungsprogramme. Neben der klassischen Forschung und Lehre sind Historiker:innen in Ministerien, im Bildungsmanagement, im Journalismus oder bei NGOs gefragt. Auch in Unternehmensberatungen und im Bereich Corporate Social Responsibility werden ihre Fähigkeiten geschätzt.

Qualifikationen und Anforderungen

Historiker:innen punkten nach wie vor mit Schlüsselqualifikationen wie analytischem Denken, Recherchekompetenz, Textsicherheit und Präsentationsfähigkeit. Hinzugekommen sind digitale Kompetenzen: Kenntnisse in Social Media, Datenbankmanagement, Digital Humanities und Content Management sind heute oft Voraussetzung. Wie bei vielen anderen Berufsfeldern sind praktische Erfahrungen für den Berufseinstieg entscheidend. Praktika und gezielte Weiterbildungen, etwa in PR, Archivwesen oder Ausstellungsmanagement, sind für den Berufseinstieg unabdinglich. Viele Arbeitgeber:innen erwarten heute Zusatzqualifikationen oder eine Promotion, besonders für leitende Positionen.

Herausforderungen und ethische Fragen

Die Balance zwischen wissenschaftlicher Integrität und den Interessen von Unternehmen bleibt ein zentrales Thema. Die Frage nach der Ethik wissenschaftlichen Arbeitens in der Wirtschaft, etwa im Umgang mit sensiblen Unternehmensgeschichten, ist weiterhin relevant und wird zunehmend offen diskutiert.

Fazit

Das Feld der angewandten Geschichte in der freien Wirtschaft ist heute vielfältiger und digitaler als je zuvor. Historiker:innen sind nicht mehr nur Chronist:innen, sondern auch Storyteller, Kommunikationsprofis und Berater:innen – gefragt in Unternehmen, Agenturen, Museen und darüber hinaus. Wer sich früh spezialisiert, digitale Kompetenzen erwirbt und Netzwerke nutzt, hat beste Chancen, auch außerhalb der klassischen Wissenschaft erfolgreich zu bleiben.

Literatur und weiterführende Links
Die genannten Werke von Hardtwig/Schug, Janssen/Krawietz und Berghoff sind nach wie vor relevant, werden aber durch zahlreiche neue Publikationen ergänzt, etwa zu Digital History, Public History und History Marketing.

Tipp: Wer sich weiter informieren möchte, findet aktuelle Stellenangebote und Berufsfeldübersichten beispielsweise beim Verband der Historiker und Historikerinnen Deutschlands (VHD) oder auf spezialisierten Jobportalen.

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